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Berlin: Klaus Wowereit im Interview: "Das Amt ist nicht zu groß für mich"

Sie sind für Neuwahlen angetreten. Sind Sie nervös vor dem Wahlabend?

Sie sind für Neuwahlen angetreten. Sind Sie nervös vor dem Wahlabend?

Überhaupt nicht. Aber am Wahltag werde ich die Anspannung spüren.

Was erwarten Sie denn?

Ein gutes Ergebnis für die SPD, 30 plus X.

Die innere Sicherheit hat seit dem Terroranschlag auf die USA einen besonders hohen Stellenwert. Die CDU will damit punkten und stärkste Kraft bleiben.

Jetzt geht es um die Bedrohung auf Grund der äußeren Sicherheitslage, also die Angst vor Terroranschlägen und um den Weltfrieden. Das ist eine bundespolitische Dimension und ein großer Unterschied zu der Art, wie die CDU meint, das Thema zu besetzen, etwa mit der Forderung nach Video-Überwachung auf öffentlichen Plätzen. Damit fängt man keinen Terroristen, aber Bürger fühlen sich beeinträchtigt.

Zum Thema Online Spezial: Berlin-Wahl 2001 WahlStreet.de: Die Wahlbörse bei Tagesspiegel Online Umfragen/Prognosen: Wenn in Berlin am Sonntag gewählt würde... Frage des Tages: Die fünf Spitzenkandidaten zu ihren politischen Absichten Umfrage: Gehen Sie am Sonntag wählen? Foto-Tour: Die Berliner Spitzenkandidaten Video-Streams: Diskussion mit den Spitzenkandidaten Sehen Sie es als Gefahr für eine offene Gesellschaft, wenn man unter dem Druck der neuen Lage Einschränkungen wie Rasterfahndungen und Fingerabdrücke einführt?

Wenn es eine Gefahr würde, hätten die Terroristen gewonnen. Wir müssen aufpassen, dass die notwendigen Maßnahmen zum Schutz vor Terror getroffen, aber die bürgerlichen Freiheitsrechte nicht beschnitten werden.

Wo ziehen Sie die Grenzen?

Die Rasterfahndung finde ich vernünftig. Es ist angesichts des international agierenden Terrorismus richtig, in bestimmte Dateien zu schauen. Das tangiert die Freiheitsrechte nicht. Auch durch den Fingerabdruck im Pass würde kein Persönlichkeitsrecht beschädigt.

Ist es verhinderbar, dass durch einen herumstehenden Rucksack oder Handwerkskasten Riesenalarm ausgelöst wird?

Es ist makaber, dass üble Scherzbolde und Trittbrettfahrer andere in Angst und Schrecken versetzen. Doch wir müssen wachsam sein. In der jetzigen Phase sage ich: lieber übervorsichtig als nachlässig.

Sie haben die Monate als Regierender Bürgermeister ungerupft überstanden. Fühlen Sie sich von Ihren Gegnern unterfordert?

Ich verlasse mich auf meine Stärken und nicht auf die Schwächen anderer. Für mich ist wichtig, im Einklang mit meiner Partei zu zeigen, wie man gut regiert. Ich habe bewiesen, dass das Amt des Regierenden Bürgermeisters nicht zu groß für mich ist. Die Berliner haben den neuen Stil bemerkt und können sich damit identifizieren.

Sie profitieren vom Amtsbonus und von der neuen weltpolitischen Lage.

Also keine Legendenbildung. Die Umfragewerte für meine Partei und für mich waren auch vor dem 11. September gut.

Man spürt keinen Politikwechsel Ihres PDS-gestützten rot-grünen Minderheitssenats.

Natürlich gibt es einen Politikwechsel und auch einen Mentalitätswechsel. Wir haben mit vielen Entscheidungen gezeigt, dass es anders gehen muss als in der Großen Koalition. So lösen wir die Berliner Landesentwicklungsgesellschaft auf, weil sie nicht mehr funktionsfähig ist und hohe Defizite hat. Die Finanzspritze für das Theater des Westens zur Konkurs-Verhinderung haben wir mit der Privatisierung verbunden. Nach dem Muster der Großen Koalition hätte man jeweils einfach Geld zugebuttert. Ich achte auf dauerhafte Lösungen.

Gehört es auch zur neuen Politik, dass Sie die Bankgesellschaft kaputt geredet haben, wie Eberhard Diepgen andeutete?

Die Aussage aus dem Mund eines CDU-Politikers, der neue Senat habe die Bankenkrise herbeigeredet, werden die Wähler zu beurteilen wissen. Dazu brauche ich fast gar nichts zu sagen bei dem Flurschaden, der da angerichtet wurde. Wir tun alles, damit die Bankgesellschaft wieder aufgestellt wird und aus den negativen Schlagzeilen kommt, die Arbeitsplätze gesichert und die Kunden zufrieden gestellt werden. Dafür leistet unsere Finanzsenatorin Christiane Krajewski Hervorragendes, ohne öffentliches Getöse. Es gibt Investoren, die so viel Vertrauen in die Bank haben, dass sie sie kaufen wollen. Entscheidend ist, zu welchen Bedingungen. Darüber reden wir gründlich. Wir dürfen wegen des Wahltermins nicht in Hektik verfallen.

Glaubt man der Demoskopie, dann reicht es nicht für Rot-Grün...

Wir sind knapp davor. Es ist zu schaffen. Darum kämpfe ich bis zum Sonntag.

Rot-Rot hat laut Umfragen eine Mehrheit.

Wer die Mehrheit hat, wissen wir am Wahlabend. Ich gebe den Kampf um Rot-Grün nicht auf. Die Wahl ist noch nicht entschieden.

Richten Sie sich auf schwierige Koalitionsverhandlungen ein?

Auf jeden Fall. Ich möchte Klarheit über die großen Punkte haben wie den Großflughafen, den Haushaltssanierungskurs und den Personalkostenabbau. Daher erwarte ich schwierige Koalitionsgespräche.

Warum sagen Sie den Wählern nicht, ob Sie eher mit der FDP oder PDS koalieren wollen?

Nochmal: Ich kämpfe für Rot-Grün. Die Wähler wissen, dass es mit einer starken SPD dafür reicht. Dann sind die anderen beiden Optionen hinfällig. Doch derzeit schließe ich die Ampel nicht aus, und ich kann unter bestimmten Bedingungen auch eine Zusammenarbeit mit der PDS nicht ausschließen.

Die Grünen wollen bei einer rot-roten Mehrheit nicht wieder in den Senat. Gehen Sie auch eine Zweier-Koalition mit der PDS ein?

Die Haltung der Grünen nach der Wahl bleibt abzuwarten. Ich spekuliere nicht über eine Situation, die nicht da ist.

Fürchten Sie bei Rot-Rot eher den Zorn in der Stadt oder in der eigenen Partei?

Ich fürchte überhaupt nichts. Die SPD ist angetreten, Regierungsverantwortung zu tragen. Das Wahlergebnis wird zeigen, dass wir den Auftrag dazu bekommen. Das bedeutet, dass eine stabile Regierung für die fünfjährige Wahlperiode gebildet werden muss.

Ist die FDP für Sie koalitionsfähig?

Das ist eine der Fragen vor Sondierungs- oder Koalitionsgesprächen. Von der FDP kennen wir ja nur Herrn Rexrodt. Ich weiß nicht, wie sich eine völlig neue FDP-Fraktion zu konkreten Entscheidugen verhalten wird.

Ist eine Koalition mit der PDS wegen deren Haltung zur äußeren und inneren Sicherheit schwerer geworden?

Die PDS weckt viele Emotionen. Ich beobachte genau, wie die PDS außenpolitisch und im Berliner Wahlkampf agiert. Welche Rückschlüsse sich daraus ergeben, kann ich momentan noch nicht sagen.

Würden Sie ohne Frank Steffel wieder eine Große Koalition eingehen?

Wir haben die Große Koalition beendet, weil die Gemeinsamkeiten verbraucht sind. Also können wir sie nicht nach einem halben Jahr neu auflegen. Für uns ist die CDU, wie sie jetzt dasteht, nicht koalitionsfähig. Auch ein Austausch des Spitzenkandidaten würde daran nichts ändern. Die CDU hat sich nicht verändert, sondern jetzt obendrein innerparteiliche Turbulenzen. Ein guter Mann wie der frühere Finanzsenator Peter Kurth ist zwar Wahlkreiskandidat, hat aber keinen Platz auf der Liste, so dass man das Risiko in Kauf nimmt, dass er gar nicht ins Abgeordnetenhaus einzieht.

Sie haben die Große Koalition gesprengt. Seither ist Ihre Partei friedlich wie noch nie. Nach der Wahl brechen doch Turbulenzen wegen der PDS-Frage auf.

Die SPD wird auch nach der Wahl geschlossen sein. Sie hat sich verändert. Das ist ein qualitativer Sprung. Ich erwarte keine Turbulenzen oder Zerreißproben, wenn es um die künftige Koalition geht. Auch diejenigen mit einer sehr differenzierten Haltung zur PDS beteiligen sich am Wahlkampf. Ich habe keine Sorge um unser Gemeinschaftsgefühl.

Muss der Regierende Bürgermeister nicht auch nach dem Parteivorsitz streben?

Nein, ich strebe nicht nach dem Parteivorsitz. Das ist für mich keine Machtfrage. Ich habe als Regierender Bürgermeister genug zu tun und freue mich über die gute Arbeitsteilung mit dem Landesvorsitzenden Peter Strieder.

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