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Berlin: Kleider von unerhörter Kürze

Der Mythos Friedrichstraße fasziniert die Besucher seit Jahrzehnten

Kultur und Amüsement liegen rechts und links der Friedrichstraße so nah beieinander wie sonst selten in der Stadt. Das fasziniert die Menschen schon seit über hundert Jahren. Mit einer Mischung aus Kunst, Mode und Unterhaltung war die Friedrichstraße bereits im 19. Jahrhundert ein Brennpunkt des Vergnügens. Doch der eigentliche Aufstieg begann in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Rings um den Bahnhof Friedrichstraße boten Theater, Varietés, Revuen, Kabaretts und Tanzsäle die geeigneten Lokalitäten für ein pulsierendes Nachtleben. Die bekanntesten Ort waren der „Wintergarten“, der „Admiralspalast“, das „MetropolTheater“ und das „Apollo“. In diesem Revier wurden zahlreiche Stars geboren: Fritzi Massary, Hans Albers, Trude Hesterberg und die „Comedian Harmonists“. Auch Weltstars wie Marlene Dietrich oder Josephine Baker traten in der Friedrichstraße auf.

Ein Zeitzeuge schilderte 1921 seine Eindrücke aus dem Admiralspalast, dem heute brachliegenden Metropol-Theater: „Die Kleider der Frauen sind durchweg von unerhörter Kürze. Oft vorn länger als hinten, reichen sie den Damen nur wenig über das Knie und schieben sich beim Tanzen noch höher. Das Dekolleté, das vorn meist noch Maß hält, entblößt den Rücken oft bis zur Taille. Die Männer tragen fast durchweg Smoking.“

Im Auftrag des berühmten Regisseurs Max Reinhardt wurde der Friedrichstadtpalast nach dem Ersten Weltkrieg in ein Theater umgebaut. Seinen Einstand gab das Regie-Genie mit einem Stück von Shakespeare. In einer Seitenbühne war das bekannte Kabarett „Schall und Rauch“ untergebracht, dort hatte die Satire von Tucholsky, Mehring und Klabund ihre Heimstatt. Nachdem Reinhardt 1924 das Theater verlassen hatte, liefen im Friedrichstadtpalast fast nur noch Revuen.

Der Krieg und die anschließende Teilung setzten der Blüte der Friedrichstraße ein Ende. Sie wurde zum Randgebiet, und trotz Friedrichstadtpalast, Berliner Ensemble und Deutschem Theater kehrte Ruhe ein. Mitte der 80er Jahre wollte die DDR-Führung die Amüsiermeile wiederbeleben. So erhielt der Friedrichstadtpalast beispielsweise neues Haus. Mit dem Mauerfall kam die Subkultur: In leer stehenden Gebäuden liefen Techno-Parties. Und das Tacheles wurde zum Inbegriff für das Neue in Berlin. koc

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