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Berlin: Kleine Schummelei, große Liebe

Stephanie Laß und Kai Kreuziger halfen dem Glück etwas nach

Nie und nimmer hätten sie sich ohne diese Kontaktanzeige kennen gelernt. Wann auch? Den Alltag an der Uni, wo Stephanie Laß fürs Lehramt studierte, hatte Kai Kreuziger längst hinter sich. Der Hockeyplatz, auf dem die Tochter eines Zehlendorfer Anwalts häufig ihre Freizeit verbrachte, lag in einer anderen Welt, Lichtjahre von der des ehemaligen Kickbox-Meisters entfernt. Und wenn sie sich zufällig begegnet wären?

„Ich mag zwar zierliche, kleine Frauen,", sagt Kai, „aber ich glaube, Steffi wäre mir zu püppchenhaft gewesen." Sie wiederum kommt zu dem Schluss, sich durchaus jemanden wie ihn, einen zum Anlehnen, gewünscht zu haben, doch „im kurzärmeligen T-Shirt hätte Kai keine Chancen gehabt". Die wären auch ins Bodenlose gesunken, wenn er im Annoncentext sein wahres Alter genannt hätte. So aber glaubte die damals 25-Jährige, mit einem 33-Jährigen im Café verabredet zu sein – und traf einen fast 37-Jährigen, der noch etwas an sich hatte, was Steffi eigentlich „ganz grässlich“ findet: Tätowierungen. Kai wiederum verbarg die bunten Dämonen und Fabelwesen so lange, bis er sich Steffis Sympathie sicher war.

Inzwischen übersieht die Referendarin einer Kreuzberger Hauptschule die Tattoos. Mehr noch: Während Kai sie manchmal bereut, „weil man als oft als Proll oder Knastbruder abgestempelt wird", hat Steffi das Äußere des früheren Streetworkers und Fitness-Trainers zu schätzen gelernt. Mit ihm an der Seite werde man in Ruhe gelassen, da niemand seinen „ganz, ganz lieben Kern" unter der farbenprächtigen Schale vermutet. Das merkt Kai auch im Job, der seit zehn Monaten einen Zeitungsladen am Bundesplatz besitzt. „bisher hat sich keiner getraut, uns zu beklauen oder das Geschäft mit Graffiti zu verschandeln." Sogar die treuesten Kunden, Alkoholiker aus dem Kiez, würden stets brav ihr Bier kaufen und sich damit nach draußen auf die Bank verziehen. Steffi, die wenige Wochen nach der ersten Begegnung im Herbst 2000 zu Kai zog, setzt sich manchmal dazu. Früher im Bereich des Abwegigen – heute Normalität. Dank Kai, der die tollsten Liebeserklärungen mache und trotz seiner gänzlich konträren Vorgeschichte völlig identische Visionen habe. „Sie zeigt mir ihr Leben und ich zeige Steffi meines", beschreibt der leidenschaftliche Motorradfahrer das Projekt, aus zwei Vergangenheiten eine Zukunft zu basteln. Ginge es nach Kai, gehören Haus und Kinder dazu.

Und ein Hund. Den wünscht er sich als Begleiter für ausgedehnte Waldläufe, bei denen er für den Berlin-Marathon trainiert. Er will die Distanz in vier Stunden schaffen. Allerdings hat seine am 10. August standesamtlich und kirchlich Angetraute ein Veto gegen die Anschaffung eines Hundes eingelegt: Sie ist Allergikerin – und bisher seine Trainingspartnerin auf dem Fahrrad. Maren Sauer

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