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Berlin: Klimaschutz mit Wenn und Aber

Vereinbarung zwischen Senat und Vattenfall könnte andere Bereiche vor Probleme stellen

Die Wasserbetriebe haben eine, die städtischen Wohnungsgesellschaften sowieso, BSR, Bäderbetriebe und viele andere ebenfalls: Eine Klimaschutzvereinbarung mit dem Senat. Vor einigen Tagen haben Klaus Wowereit (SPD) und Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) auch mit Vattenfall einen solchen Vertrag abgeschlossen, in der sich der größte Einzelverursacher des Treibhausgases Kohlendioxid in Berlin zu Reduzierungen verpflichtet. Doch beim Nachrechnen zeigt sich, dass die Sache einen Haken hat.

Im Jahr 2006 – neuere Zahlen gibt es nicht – wurden in Berlin alles in allem rund 22,4 Millionen Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid in die Luft geblasen, also inklusive Verkehr, Industrie, Stromverbrauch und Heizung. Allein ein Drittel davon, nämlich rund 7,5 Millionen Tonnen, entfiel auf die Kraftwerke von Vattenfall. In der Klimaschutzvereinbarung verpflichtet sich der Konzern, seine Emission bis 2020 um 15 Prozent zu senken. Dem Land Berlin insgesamt dagegen fehlen zu seinem Klimaschutzziel von 17,6 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2020 noch ungefähr 22 Prozent. Wenn sich der größte Einzelverursacher jetzt mit minus 15 Prozent begnügen darf, müssen die anderen Bereiche also entsprechend mehr beisteuern, nämlich etwa 24 Prozent. Wobei die zusätzlichen zwei Prozent nach aller bisherigen Erfahrung einen gewaltigen Kraftakt bedeuten dürften.

Der Grünen-Energieexperte Michael Schäfer spricht von einem „Deal zum Schaden Berlins“, weil er die anderen Bereiche unnötig belasten werde. Umweltsenatorin Lompscher verwies bei einer Debatte dazu im Abgeordnetenhaus lediglich auf das zurzeit in Arbeit befindliche Energiekonzept. Darin würden „sehr sorgfältig die Dinge geprüft, die in Berlin gehen“. Eine konkrete Rechnung hat der Senat bislang nicht präsentiert.

Schäfer moniert, dass Vattenfall infolge der Vereinbarung „keine substanziellen Klimaschutzanstrengungen vornehmen muss, die über die ohnehin geplanten Investitionen in Lichterfelde und Klingenberg hinausgehen“. Dagegen betont Vattenfall-Sprecher Hannes Hönemann, dass der Konzern dank großer Investitionen nach der Wende seinen CO2-Ausstoß bereits um etwa 44 Prozent gesenkt habe und damit deutlich besser dastehe als die Stadt insgesamt, die seit 1990 erst 25 Prozent geschafft hat. Allerdings sind diese beiden Zahlen stark von der Wiedervereinigung beeinflusst, nach der die Industrie teilweise zusammenbrach und die Energieversorgung ohnehin modernisiert werden musste.

Bezogen auf das Basisjahr 1990 leiste Vattenfall also mehr als die Stadt insgesamt, sagt Hönemann. Daher sei Schäfers Kritik „schräg“. Und: „Für unsere verbleibenden 15 Prozent haben wir einen sehr konkreten Plan vorgelegt.“

Das veraltete und mit besonders klimaschädlicher Braunkohle betriebene Kraftwerk Klingenberg an der Rummelsburger Bucht trägt zurzeit ein Fünftel zur Berliner Vattenfall-Emission bei, nämlich knapp 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr. Größter Berliner Einzelposten in der Klimasünderbilanz des Unternehmens ist mit jährlich knapp drei Millionen Tonnen CO2 aber das mit Steinkohle befeuerte Kraftwerk Reuter West. Das ist nach Auskunft von Hönemann 1989 in Betrieb gegangen und bleibt folglich noch viele Jahre lang am Netz, um die westlichen Bezirke mit Fernwärme und Strom zu versorgen. Stefan Jacobs

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