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Noch-Charité-Chef Karl Max Einhäupl (li), Regierender Bürgermeister Michael Müller und zukünftiger Charité-Chef Heyo Kroemer im Roten Rathaus in Berlin.

© Landesarchiv

Klinik in Berlin: Neuer Charité-Chef warnt vor Personaldefizit

Am Donnerstag wollen erneut Therapeuten an der Charité streiken. Am Mittwoch stellte der neue Chef von Europas größter Universitätsklinik seine Pläne vor.

High-Tech-Medizin, Spitzenforschung und Therapeutenstreik – erstmals hat sich in Berlin der künftige Charité-Chef den Fragen der Presse gestellt. Nachdem Heyo Kroemer am Mittwoch seinen Dienstvertrag im Roten Rathaus unterzeichnete, sprachen er, Michael Müller (SPD) und Noch-Charité-Chef Karl Max Einhäupl über die anstehenden Aufgaben für den neuen Vorstandschef: Kroemer selbst nannte „die Trias aus demografischem Wandel, Digitalisierung und Fortschritten in der Forschung“ die zentrale Herausforderung für seine Amtszeit.

„Ohne eine konsequente Digitalisierung werden wir den demografischen Wandel nicht meistern“, sagte Kroemer. Doch er sei optimistisch. „Das Umfeld in Berlin ist für die Hochschulmedizin außerordentlich gut.“ Die vielen Forschungsstätten, der Ruf Berlins bei Fachleuten und die zahlreichen Kliniken, die sich noch dazu oft in öffentlicher Hand befänden, sprächen für die Stadt. Kroemer startet am 1. September in Berlin, noch arbeitet er in Göttingen. Die niedersächsische Landesregierung hatte über Wochen darum gekämpft, dass Kroemer an der Universität Göttingen bleibt.

Massiver Fachkräftemangel trifft auf steigende Patientenzahlen

Bis September leitet – wie seit seinem Amtsantritt 2008 – Einhäupl die Charité. Müller und Kroemer sprachen von großen Verdiensten des 72 Jahre alten Neurologen, dem die Universitätsklinik maßgeblich ihren guten Ruf zu verdanken habe. Der Regierende Bürgermeister hatte als Aufsichtsratschef der landeseigenen Universitätsklinik fast zwei Jahre nach einem Nachfolger für Einhäupl suchen lassen. Für die Leitung einer Einrichtung dieser Bedeutung kamen bundesweit nicht mal 20 Kandidaten infrage. Der scheidende Charité-Chef gilt in Politik und Gesundheitsbranche als äußerst gut vernetzt – was nun auch von Kroemer erwartet wird.

Kroemer ist, wie berichtet, Pharmakologe und stammt aus Ostfriesland. Der 58-Jährige war leitend an der Universitätsklinik Greifswald tätig und hat sich als Chef der Hochschulmedizin Göttingen erfolgreich um öffentliche Millionen-Investitionen in Bau und Technik bemüht. Vor allem der demografische Wandel, also die Alterung der Gesellschaft und die anstehende Welle von Berentungen, sagte Kroemer, beträfe Kliniken doppelt: Vorhersehbar sei ein noch viel massiverer Fachkräftemangel in der Pflege, dazu steigende Patientenzahlen.

Pro Jahr werden derzeit fast 149.000 stationäre und 700.000 ambulante Fälle an der Charité behandelt. An den vier Standorten der Klinik forschen 2000 Männer und Frauen. Zusammen mit den Tochterfirmen arbeiten 17.500 Beschäftigte für Europas größte Universitätsklinik. Zuletzt war das wieder konfliktträchtiger.

Wiedereingliederung der Tochterfirma in die Charité soll es vorerst nicht geben

So wollen an diesem Donnerstag erneut 50 der 170 Physio- und Ergotherapeuten streiken. Sie sind bei der Tochterfirma CPPZ angestellt und erhalten bis zu 800 Euro Monatsbrutto weniger für die gleiche Arbeit als die Stammangestellten. Denn im Charité-Stammhaus wird nach Tarif des öffentlichen Dienstes, dem TvöD bezahlt. Den Therapeuten der CPPZ hatte man zwar im Herbst mehr Geld angeboten, allerdings nicht ganz auf TvöD-Niveau. Zudem soll es die von der Gewerkschaft Verdi geforderte Wiedereingliederung der Tochterfirma in die Charité wohl absehbar nicht geben.

Bei der Pressekonferenz im Roten Rathaus hatten Kroemer, Einhäupl und Müller gesagt, wenn die Finanzierung der Löhne gesichert sei, strebe man grundsätzlich an, einst ausgegliederte Beschäftigte wieder im Stammhaus anzustellen. Nach Tagesspiegel-Informationen aber hat die Geschäftsführung der CPPZ in einem internen Brief erklärt, dass die Charité die ausgegliederte Tochterfirma derzeit nicht wieder eingliedern wolle. Der Kampf der Therapeuten könnte also so lange dauern, bis Kroemer das Amt an der Spitze übernimmt.

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