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Berlin: Klinik setzte 47 Patienten falsches Gelenk ein

Durch einen Übersetzungsfehler wurden im St. Hedwig-Krankenhaus Prothesen verwechselt

Ein Aufkleber brachten den Irrtum ans Licht. Zwischen Mai 2006 und März 2007 hatten die Ärzte des St. Hedwig-Krankenhauses in Mitte 47 Patienten Kniegelenke falsch eingesetzt. Fälschlicherweise waren Modelle, die zur Befestigung mit Knochenzement gedacht sind, mit Prothesen verwechselt worden, für die kein Zement notwendig ist. Die Ärzte hatten die englische Aufschrift „Non-Modular Cemented“ (nicht modifizierbare Prothese, die zementiert werden muss) irrtümlich als „nicht zementpflichtig“ übersetzt. Nach Angaben der Klinik sei dieser Fehler auch einem Vertreter der Herstellerfirma nicht aufgefallen, der den ersten Operationen beigewohnt habe. Eine solche Betreuung ist Standard. Im März 2007 seien die Prothesen dann mit deutschsprachigen Aufklebern ausgeliefert worden. Die Klinik erkannte ihren Irrtum.

„Der Vorfall ist unverzeihlich“, sagt Reinhard Nieper, Geschäftsführer der Gesellschaften der Alexianerbrüder, zu der auch das St. Hedwig-Krankenhaus gehört. Die Patienten seien umgehend telefonisch informiert worden. Etwa ein Drittel habe Probleme mit den künstlichen Gelenken geäußert. Die Hälfte der Prothesenträger habe sich für einen Wiederholungeingriff entschieden, ein Drittel sei bereits operiert worden. Die Kosten trage das Krankenhaus, sagte Nieper. Klagen oder Schadensersatzforderungen von Patienten habe es nicht gegeben. Rechtliche Schritte gegen den Hersteller behalte man sich vor. Die Firma Smith & Nephew war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

„Es ist in der Tat ein Problem, dass einige Produkte, die auf dem europäischen Markt eingesetzt werden, mitunter nur englisch beschriftet sind“, sagt Heino Kienapfel, Professor für Orthopädische Chirurgie am Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum. Andere Hersteller verwenden beispielsweise Piktogramme und mehrsprachige Aufdrucke. „Doch auch ohne sollte ein erfahrener Operateur in der Lage sein, den Unterschied zwischen den verschiedenen Prothesen zu erkennen“, sagt Kienapfel. Wird eine Prothese nicht ordnungsgemäß eingebaut, kann sie sich lockern, was zu Schmerzen, einer eingeschränkten Bewegungsfreiheit und Ergüssen führen kann. Kommt ein neues Produkt auf den Markt, gibt es in fast allen Krankenhäusern Schulungen. Diese Seminare haben auch im St. Hedwig-Krankenhaus stattgefunden, sagt Nieper. Dem Chefarzt sei kein Vorwurf zu machen, weil die Prothesen aufgrund der falschen Übersetzung auch ins falsche Regal im OP-Saal einsortiert wurden, und der Unterschied zwischen den Modellen nur im direkten Vergleich festzustellen sei.

Die Senatsverwaltung für Gesundheit war bereits vor ein paar Tagen informiert worden. Eine Sprecherin lobte das Krisenmanagement des St. Hedwig-Krankenhauses als „vorbildlich“.

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