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Mit 82 Metern ist der Bettenturm in der Luisenstraße das Wahrzeichen der Charité. Das alte Logo auf dem Dach ist abmontiert. Es stammt wie das Haus von 1982.

© promo

Kliniken in Berlin: Charité und Vivantes bauen auf allen Ebenen um

Berlins Krankenhäuser werden saniert. Am Charité-Bettenturm wird es deutlich. Auch bei Vivantes geht es an die Fundamente – eines davon ist Bezahlung der Angestellten.

Die landeseigenen Kliniken werden umgebaut. Seit der Wende dürfte an den Krankenhäusern der Stadt nicht so viel bewegt worden sein – und zwar Material und Menschen gleichermaßen.

Wenn Andrea Grebe, Chefin über neun Vivantes-Kliniken, und Karl Max Einhäupl, Chef über vier Charité-Standorte, über ihre Krankenhäuser reden, geht es immer um Millionen. Um Millionen von Patienten und deren Behandlungen. Um Millionen Euro für die nötigen Ärzte und Schwestern. Und um Millionen Euro für moderne Bauten und Technik.

Berliner Großprojekt, das den Zeitplan einhält?

Am Dienstag hat zunächst Christian Kilz, Bauchef der Charité, darüber gesprochen, wie genau die 202,5 Millionen Euro, die der Senat für die Sanierung des traditionsreichen Campus in Mitte genehmigte, ausgegeben werden. Mit strenger Stimme, aber kompetent, legte Kilz sinngemäß dar, dass die klamme Charité womöglich die einzige Einrichtung dieser Größe sein wird, die ihren Kosten- und Zeitplan ungefähr einhält.

Rostbraun mit grau-weißem Namensschild auf dem Dach. Mehr als 30 Jahre sah man so den Charité-Turm.
Rostbraun mit grau-weißem Namensschild auf dem Dach. Mehr als 30 Jahre sah man so den Charité-Turm.

© imago

Zwar wurde im Januar drei Monate später als geplant mit dem Umbau begonnen, und 17,5 Millionen Euro extra kostete er auch. Doch nun läuft’s. Rund 100 Bauarbeiter ackern rund um den bekannten Bettenturm der Universitätsklinik. Kilz verwies auf die Live-Kamera mit Blick auf den Baugrund – der Fortschritt lässt sich im Netz verfolgen. Das alte Logo wurde vom Dach montiert, die oberen Etagen sind schon Gerippe und bald für die Neuausstattung frei. Asbest wurde zwar gefunden, aber nur in den üblichen Mengen. Wenn das Hochhaus 2016 mit weißer Fassade eröffnet wird, soll der Charité-Schriftzug auf dem Dach in Blau leuchten.

Charité-Chef Einhäupl ist entspannter

Wie berichtet, stehen die Landeskliniken unter Druck – vom Senat, den Krankenkassen und den Mitarbeitern, die lange weniger Lohn bekommen haben als in anderen Häusern üblich. Charité- Chef Einhäupl war Dienstag dabei – er kam etwas später, wegen der Fanmeile war kein Durchkommen möglich. Einhäupl ist Neurologe und von einigen in der Politik als „zu weich“, als zu wenig Managertyp eingestuft worden. Er hat lange mit Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) um Geld für die maroden Bauten gestritten – und mit seinen Forschern um 35 Millionen Euro nicht ausgegebener Drittmittel, weshalb Einhäupl zuletzt gestresst wirkte.

Dann am Dienstag: wie ausgetauscht. Einhäupl sagte gar, er sei optimistisch, dass die Charité ab 2016 mehr Geld für den Benjamin-Franklin-Campus in Steglitz bekomme. Das ist zwar überhaupt nicht sicher, im Abgeordnetenhaus wollten einige dieses Krankenhaus gar nicht als Universitätsklinik erhalten. Doch vielleicht überzeugt den ab 2016 regierenden Senat Folgendes: Der Bettenturm in Mitte ist 1982 eröffnet worden, die Klinik in Steglitz aber schon 1972. Es soll dort Aufzüge von 1964 geben.

Auch Vivantes muss Gemäuer retten - von 1870

Ähnliche Sorgen hat Vivantes-Chefin Grebe. Vivantes bräuchte noch 40 Millionen Euro im Jahr vom Senat für Sanierungen – am Klinikum in Friedrichshain stehen Mauern von 1870. Auch Grebe fing als Ärztin an. Nun wacht sie über neun Kliniken, 13 Pflegeheime, dazu Praxenzentren und ambulante Dienste. Der Senat hält auch Vivantes knapp. Sanierungen in Friedrichshain musste Grebe aus Vivantes-Mitteln bezahlen. Eigentlich ist geregelt: Bauten zahlt der Staat, Personal die Krankenkassen. Öffentliches Geld fehlt seit Jahren, die Kassen fürchten, dass ihre für die Behandlung der Versicherten gedachten Mittel in Bauarbeiten gesteckt werden, weshalb viele Kliniken ihr Personal kaum bezahlen können.

Bei Vivantes gehen zwar 70 Prozent der Ausgaben ans Personal – aber erst seit 2014 verdienen die Beschäftigten dort, was bundesweit in Kliniken üblich ist. Und schon wird über einen Ausstieg aus dem Flächentarif nachgedacht. Vivantes müsse seine Tarifstruktur neu ausrichten, sagte Grebe am Dienstag, um „wettbewerbsfähige Personalkosten zu erreichen“. Intern wissen Personalvertreter, in zwei Jahren soll ein Haustarif her: „Weißes Personal“, Ärzte und Pflegekräfte, bekämen relativ hohe Löhne, „graues Personal“, Reinigungs- und Wachleute, weniger, als der aktuelle Tarif vorsieht.

Vivantes-Chefin Andrea Grebe steht vor Auseinandersetzungen

Gerade erst hatten Vivantes-Ärzte für mehr Lohn gestreikt. Ob der Umbau der Tarifstruktur bei Sicherheits- und Servicemitarbeitern geräuschlos abläuft, ist unwahrscheinlich. Ein solcher Konzerntarifvertrag hätte, davon gehen Betriebsräte aus, aber auch Vorteile: Die 2500 Vivantes-Mitarbeiter, die derzeit ohnehin in Tochterfirmen arbeiten, kämen endlich zusammen mit der Stammbelegschaft in ein Tarifwerk.

Grebe und Einhäupl müssen beide an den Senatoren Mario Czaja (CDU) und Nußbaum vorbei. Czaja erstellt als Gesundheitssenator den Krankenhausplan, letztlich gibt er vor, wie viele Betten die Stadt braucht. Noch ist Czaja unter Ärzten beliebt. Doch in den Chefetagen der Kliniken schaut man eben auf Finanzsenator Nußbaum. Und der hat deutlich gemacht: Charité und Vivantes müssen sparen, die engen Pläne des Senats einhalten. Czaja sitzt im Aufsichtsrat von Vivantes. Nußbaum sitzt gleich in den Aufsichtsräten beider Kliniken.

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