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Berlin: Klopperei verstärkt den Frust

Von Hartmut Moheit Sechs Wochen ohne Wasserball, das hatte Patrick Weissinger, so lange er diesen Sport betreibt, noch nicht erlebt. Der Blinddarm des 29-Jährigen musste dringend entfernt werden, und so gab es für den Kapitän der Nationalmannschaft genügend Zeit, über die Zukunft nachzudenken.

Von Hartmut Moheit

Sechs Wochen ohne Wasserball, das hatte Patrick Weissinger, so lange er diesen Sport betreibt, noch nicht erlebt. Der Blinddarm des 29-Jährigen musste dringend entfernt werden, und so gab es für den Kapitän der Nationalmannschaft genügend Zeit, über die Zukunft nachzudenken. Seit acht Jahre erlebt der gebürtige Stuttgarter bei den Wasserfreunden Spandau 04 immer wieder dasselbe: Gewinn der Meisterschaft und meist auch noch den Pokalsieg, dann den Start des Teams im Cup der Landesmeister und letztlich den Frust, gegen die besten Teams aus Europa erneut nicht bestanden zu haben. „Das kann es doch nicht gewesen sein“, sagt Weissinger. „Vor allem ist keine Besserung in Sicht. Ich muss jetzt auch mal egoistisch sein, nur an mich denken.“

Das Play-off-Halbfinale am vergangenen Sonnabend beim ASC Duisburg hat ihn erst recht nicht umgestimmt, obwohl es 8:7 gewonnen wurde. „Fünf Stunden mit der Bahn hin und fünf zurück, und dann nur Klopperei im Wasser, das macht keinen Spaß mehr. Oder zuletzt das Trainingslager in Dubrovnik, das war auch sehr nervig. Da sind wir erst ein paar Stunden mit dem Bus nach Split gefahren, um einen Billigflug nach Hause zu bekommen.“ Es kommt vieles zusammen, was sich bei Patrick Weissinger angestaut hat. Seine Vorstellung von professionellem Wasserballsport ist eine andere. Seine Teamkollegen denken allerdings nicht anders.

Die Erkenntnis, dass in Deutschland die Bedingungen im Wasserball zukünftig eher noch schlechter werden, hat sich bei ihm verfestigt. Dagegen sind die Verhältnisse in Spanien oder Italien geradezu paradiesisch. Der Reiz für Patrick Weissinger ist groß, einem der Angebote, die er seit einiger Zeit hat, zu folgen. Eine Freundin hat er derzeit nicht, eine neue Sprache zu lernen würde ihn reizen und das Sportstudium ist im Herbst abgeschlossen – was soll ihn vom Wechsel ins Ausland abhalten?

Angst vor der eigenen Courage oder die Spandauer selbst, allen voran Nationaltrainer Hagen Stamm und Coach Peter Röhle. Für sie ist Patrick Weissinger mehr als nur ein sehr guter Spieler. Zudem haben sie gerade dafür gesorgt, dass mit Marc Politze aus Hannover eine Verstärkung an die Spree kommt. „Ja, das zeigt schon, dass viel versucht wird, unter unseren Verhältnissen mehr zu ermöglichen. Aber im Umfeld wird doch alles immer schlimmer. Wenn ich nur daran denke, dass sogar unser Alfred-Balen-Turnier aus finanziellen Gründen auf der Kippe steht“, sagt Weissinger.

Irgendwie hat er den Glauben verloren, dass mehr als Meisterschaft oder Pokalerfolg auch in der Zukunft für ihn und sein Team möglich sein wird. „Es hat wehgetan, wie wir in der Champions League wieder vorgeführt wurden.“ Die Heimspiele gegen Athen, den späteren Champions-League-Gewinner, und gegen Neapel im gewohnten Wasser in Schöneberg sind ihm besonders negativ in Erinnerung geblieben. „So was will ich nicht mehr erleben“, sagt Weissinger. Der mögliche achte Meistertitel mit den Spandauern ist keine Entschädigung, obwohl er verspricht, „sich bis dahin voll für meine Spandauer einzusetzen“. Aber auch diesmal wird die Meisterschaft wohl wieder nur der Anfang vom Ende im internationalenVergleich zu den wahren Profiteams sein.

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