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Berlin: Koalition für Berlin: Warten auf den Geldsegen

Sind Sozialdemokraten und Sozialisten gute Sparkommissare? Sie müssen es sein, jedenfalls in Berlin, wo sich ab 2002 eine jährliche Finanzierungslücke von zehn Milliarden Mark auftut.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Sind Sozialdemokraten und Sozialisten gute Sparkommissare? Sie müssen es sein, jedenfalls in Berlin, wo sich ab 2002 eine jährliche Finanzierungslücke von zehn Milliarden Mark auftut. SPD und PDS werden deshalb Kürzungen bei den Personal- und Sachausgaben der öffentlichen Verwaltung in Milliardenhöhe vereinbaren, sie werden weiterhin Landesvermögen verkaufen und auch die SPD wird einsehen, dass die Nettoneuverschuldung nicht schon 2009 auf Null gesenkt werden kann. Ein rot-roter Senat wird vom Bund mehr Geld einfordern: für die hauptstädtische Kultur und Sicherheit und als Ausgleich teilungsbedingter Lasten, vor allem für die Wohnungsbauförderung in West-Berlin. Notfalls werden SPD und PDS Sanierungshilfen beim Bundesverfassungsgericht einklagen.

Zum Thema Online Spezial: Koalition für Berlin Ted: PDS im Senat - Schlecht für Berlins Image? Unangenehme Steuererhöhungen müssen die Bürger nicht befürchten, wenn die PDS mitregiert. Eine Getränkesteuer lehnt sie ab, eine maßvolle Anhebung der Grundsteuer wird sie vielleicht mittragen. Die PDS weiß auch, dass die Personalkosten im öffentlichen Dienst drastisch beschnitten werden müssen. Doch während die Sozialdemokraten mit FDP und Grünen zwei Milliarden Mark bis 2006 kürzen wollten, bot die PDS bisher "nur" 1,5 Milliarden Mark an. Sie lehnt Stellenstreichungen im Lehrerbereich ab. Eine Verlängerung der Arbeitszeit von Beamten, betriebsbedingte Kündigungen und Streichung des Weihnachtsgeldes sind für die PDS tabu. Aber sie wäre bereit, Tariferhöhungen in den oberen Besoldungsstufen auszusetzen und dafür Freizeitausgleich zu gewähren. Auch Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnausgleich kommen in Betracht. Auf weniger Verbeamtungen und Beförderungen könnte man sich einigen.

Ein ernsthafter Streitpunkt könnte die Übertragung aller städtischen Kitas in freie Trägerschaft werden. Das will die PDS ebenso verhindern wie pauschale Kürzungen im Sozial-, Gesundheits und Jugendbereich. Mit den Liberalen hat die SPD über eine 20-prozentige Verringerung der Zuschüsse verhandelt. Soziale Gerechtigkeit und Bildung dürfen nach Meinung der PDS nicht der Haushaltssanierung zum Opfer fallen. Deshalb wird sie an anderer Stelle Sparvorschläge machen. PDS-Fraktionschef Harald Wolf glaubt, "dass wir mit den Finanzen relativ schnell zu Potte kommen". Es gibt viele Gemeinsamkeiten mit der SPD. Zum Beispiel die Einstellung der Lottomittel in den Etat, teilweise zweckgebunden für Sport, Kultur, Soziales, Bildung und Jugend. Die von der PDS geforderte Kapitalverzinsung der Investitionsbank dürfte unstrittig sein.

Die Veräußerung von Landesanteilen an der Bankgesellschaft (bis zur Totalprivatisierung) ist zwischen SPD und PDS kein Dissenspunkt. Die Gründung einer Holding für die städtischen Wohnungsbauunternehmen und der Verkauf von Wohnungsbeständen an Genossenschaften könnte ebenfalls Bestandteil der Koalitionsvereinbarung werden. Mit dem Verkauf öffentlicher Wohnungsunternehmen an private Investoren tun sich aber beide Parteien schwer. Zur Privatisierung der Stadtreinigung, der Verkehrsbetriebe und der Messegesellschaft wird es nicht kommen. Wenig problematisch ist der Verkauf der Feuersozietät und der Hafengesellschaft. Ein besseres Management öffentlicher Unternehmen und Einrichtungen ist gemeinsames Anliegen.

Der Verzicht auf den Weiterbau der U-Bahnlinie 5 ist für SPD und PDS beschlossene Sache. Andere kostspielige Verkehrsprojekte wollen beide Parteien jetzt nicht vorantreiben. Der Teilausstieg aus den städtischen Entwicklungsgebieten und die Aufhebung von Sanierungsgebieten wird auch nicht strittig sein. Ebensowenig die Umstrukturierung der Wirtschafts- und Wohnungsbauförderung sowie die Straffung des Berlin-Marketings. Bei der Wirtschaftsförderung sehen SPD und PDS Sparmöglichkeiten, indem Mitnahme-Effekte verhindert werden. Beide Parteien wollen mehr Programme, die Sozialhilfeempfänger in Arbeit bringen. Einig ist man sich auch darin, Flüchtlinge in Wohnungen statt in teuren Heimen unterzubringen.

Erhebliche Einsparungen bei der Hochschulmedizin wollen beide Parteien. Die Schließung oder Privatisierung der Charité lehnt die PDS ab, Studiengebühren ebenfalls - auch für Langzeitstudenten. Im Sicherheitsbereich sind der PDS symbolische Einschnitte - wie die Auflösung der Reiterstaffel und des Polizeiorchesters - nicht ausreichend. Sie fordert eine grundlegende Reform der Polizeiverwaltung und besonders der Führungsebene.

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