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Ganz schön abgedreht. Nach den Ferien beschäftigt der Konflikt ums Gasnetz auch das Berliner Abgeordnetenhaus.

© DPA

Koalitionsstreit um den Konzessionsvertrag in Berlin: CDU gibt noch mal Gas

Ein Untersuchungsausschuss könnte die Vergabe des Leitungsnetzes noch einmal prüfen. Das Gutachten im Auftrag der Christdemokraten sieht weitreichende Rechte des Parlaments.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Im Streit um die Vergabe des Berliner Gasnetzes an das landeseigene Unternehmen „Berlin Energie“ ist es eine denkbare Option, dass ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss die Entscheidung des Finanzsenators Ulrich Nußbaum (parteilos) unter die Lupe nimmt. In einem Rechtsgutachten der Kanzlei Noerr, das die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus in Auftrag gab, steht: „Untersuchungsgegenstand wäre in diesem Falle die Rechtsmäßigkeit des Konzessionierungsverfahrens“. Der Ausschuss dürfe auch die Angebote der Bewerber sowie die interne Bewertung der Finanzverwaltung einsehen.

CDU-Fraktionsgeschäftsführer Heiko Melzer wies einschränkend daraufhin, dass die Ausführungen des Gutachtens „bisher keine Beschlusslage der CDU-Fraktion sind“. Parlamentarische Untersuchungsausschüsse sind auch eher ein Instrument der oppositionellen Minderheit. Trotzdem signalisierte Melzer, dass die notwendige Zustimmung des Abgeordnetenhauses zum Konzessionsvertrag kein Selbstläufer ist. Die Union werde „eine intensive sachliche und rechtliche Prüfung der Vergabeentscheidung von Herrn Nußbaum sicherstellen“, sagte der CDU-Politiker. Melzer kündigte schon mal an, dass die CDU-Fraktion bei der Prüfung der strittigen Vergabeentscheidung zum Gasnetz „auf das Recht der vollständigen Einsichtnahme in die Unterlagen wie auch das Anhören von Sachverständigen wie dem Bundeskartellamt in der Parlamentsberatung zurückgreifen“ werde.

CDU sieht sich juristisch auf der richtigen Seite

Die Christdemokraten sehen sich mit ihren Forderungen auf der juristisch sicheren Seite. Denn die Gutachter billigen dem Abgeordnetenhaus weitgehende Rechte bei der Beratung des Konzessionsvertrags zu, die nach der Sommerpause beginnt. Das Parlament sei befugt, das Vergabeverfahren umfassend zu überprüfen. „Verweigert es die Zustimmung, muss die Finanzverwaltung für Finanzen das Verfahren neu durchführen, soweit sie nicht Berlin Energie anweist, das Angebot zurückzunehmen“, steht im Kurzgutachten, das dem Tagesspiegel vorliegt. Da es sich um eine Vorlage mit haushaltsmäßiger Auswirkung handelt, muss der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses maßgeblich beteiligt werden. Das Parlament und dessen Ausschüsse dürften „Auskünfte des Senats und Berichte anfordern sowie den Finanzsenator in die Beratungen zitieren“. Außerdem sei der Hauptausschuss berechtigt, externe Sachverständige zur Rechtmäßigkeit des Konzessionsverfahrens anzuhören.

Nicht nur die Angebote der Bewerber müssen laut Gutachten offen gelegt werden

Ein Auskunftsverweigerungsrecht steht dem Senat nach Einschätzung der Juristen nicht zu. Denn die Vergabe des Gasnetzes sei keine Angelegenheit aus dem streng geschützten „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“, sondern bloße Verwaltungstätigkeit. Ob Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geschützt werden müssten, sei für jedes einzelne Dokument abzuwägen, verweisen die Gutachter auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundes- und des Landesverfassungsgerichts. Gegebenenfalls müssten schützenswerte Unterlagen den Abgeordneten in einem vertraulichen Datenraum zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus stehe jedem einzelnen Abgeordneten „ein umfassendes, im vorliegenden Fall wohl auch uneingeschränktes Akteneinsichtsrecht gegenüber dem Senat und der Finanzverwaltung zu“. Nicht nur die Angebote der Bewerber müssen laut Gutachten offen gelegt werden, sondern auch die Bewertung der Angebote, einschließlich der Punktabzüge und der Unterkriterien. Auch der „Letter of Intent“, eine zwischen der landeseigenen „Berlin Energie“ und deren Kooperationspartnern abgeschlossene Grundlagenvereinbarung, dürfe von den Abgeordneten eingesehen werden.

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