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Die Parteivorsitzenden Ramona Pop (l-r, Bündnis 90/Die Grünen), Klaus Lederer (Die Linke) und Michael Müller (SPD).

© Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Koalitionsverhandlungen in Berlin: Zuerst geht es um Geld

Die rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen in Berlin gehen in die erste Runde. SPD, Linke und Grüne wollen sich erstmal in Haushaltsfragen einigen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Jetzt geht es ans Eingemachte. In der ersten großen Runde der Koalitionsverhandlungen, die am Donnerstag am 9 Uhr begann, sprachen SPD, Linke und Grüne über die finanziellen Grundlagen eines gemeinsamen Regierungsprogramms. „Öffentliche Investitionen sollen Vorrang haben, da sind wir miteinander klar“, sagte die Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop nach dem Treffen im Roten Rathaus. Um den Spielraum im Landeshaushalt für eine rot-rot-grüne Politik realistisch zu bestimmen, liegen aber noch nicht alle Daten auf dem Tisch.

Es geht um die Frage, wie sich die Einnahmen Berlins entwickeln

Der Finanzsenator habe „eine Reihe von Arbeitsaufträgen“ mit auf den Weg bekommen, bestätigte der Regierende Bürgermeister und SPD-Landeschef Michael Müller. Linke und Grüne wollen vor allem wissen, wie sich die Einnahmen Berlins entwickeln. Die Auswirkungen des Bevölkerungswachstums, der bundespolitischen Steuerdebatte und der Rolle Berlins als Hauptstadt auf die öffentlichen Einnahmen sollen aktuell durchgerechnet werden. Auch die Reform des Länderfinanzausgleichs, die zwischen Bund und Ländern noch verhandelt wird, muss irgendwie eingepreist werden.

„Wir haben noch keine gemeinsame finanzpolitische Plattform“, räumte Müller ein. Dafür sei es ja auch ein bisschen früh, gab der Linken-Landeschef Klaus Lederer zu bedenken. Gemeinsame Grundlinien für die Haushaltspolitik von Rot-Rot-Grün zu finden, sei das Ziel der Koalitionsgespräche. Diskutiert wurde in der Runde am Donnerstag auch über die großen Ausgabenblöcke, zu denen nicht nur die Investitionen, sondern auch das Personal in der Berliner Verwaltung gehört. Lederer bemühte sich, das hartnäckige Image der Linken als Schuldenmacher-Partei zu verwischen. „Wir wollen keine Situation, in der die Haushaltskonsolidierung nicht mehr gilt.“ 

"Die Schuldenbremse setzt den Rahmen"

Was daraus folgt, sagte die Grünen-Unterhändlerin Pop: „Wir haben den gemeinsamen Willen, die Stadt zu gestalten, aber die Spielräume sind nicht so, dass alles geht.“ Mit der Schuldenbremse im Grundgesetz, die eine zusätzliche Verschuldung der Länder ab 2020 verbietet, sei „der Rahmen gesetzt“. Das sehen die Sozialdemokraten auch so, während die Linken von der Schuldenbremse nichts halten. Zu Beginn der Koalitionsverhandlungen hatte Senator Kollatz-Ahnen eine Gesamtschau der aktuellen Finanzsituation des Landes Berlin abgeliefert. Aber er muss, wie schon gesagt, nachbessern.

Der alte Senat hatte noch einen Finanzplan bis 2020 beschlossen

Kurz vor der Abgeordnetenhauswahl am 18. September hatte der SPD-geführte Senat noch eine Finanzplanung bis 2020 beschlossen, die in aktualisierter Form wohl auch Grundlage für die Verhandlungen sein wird. Das 190 Seiten umfassende Papier bietet ein zwiespältiges Bild. Einerseits wird betont, dass der Landeshaushalt seit fünf Jahren mit einem Überschuss abschließt und sich die Wirtschafts- und Finanzkraft Berlins im bundesweiten Vergleich deutlich verbessert hat. Die Steuereinnahmen seien auf einem „stabilen Wachstumskurs“ und die Investitionsausgaben sollen von 1,7 Milliarden Euro bis 2020 auf zwei Milliarden Euro erhöht werden. Hinzu kommen die Mittel aus dem „Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt“ (SIWA), in dem bis zum Ende der Wahlperiode in fünf Jahren voraussichtlich 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung stehen.

Skeptiker warnen vor einer "steigenden Unsicherheit"

Andererseits wird in der Finanzplanung vor „steigender Unsicherheit“ und kleiner werdenden Finanzpuffern gewarnt. Es sei nicht auszuschließen, dass schon 2020 „die Notwendigkeit auftritt, einen Fehlbetrag auszugleichen“. Dafür soll, um eine Neuverschuldung zu vermeiden, eine Rücklage für schlechte Zeiten aufgebaut werden. Immerhin gehe der wirtschaftliche Aufschwung ins siebte Jahr, der Ausblick für die nächsten Jahre sei mit zahlreichen ökonomischen Risiken behaftet, deshalb müssten bei der mittelfristigen Haushaltsplanung „negative Entwicklungen einkalkuliert“ werden. Außerdem sei mit „unabwendbaren Mehrausgaben“ zu rechnen. Genannt werden die Ausgaben für die Flüchtlinge, der Sanierungsstau im Milliardenhöhe, wachsende Personalausgaben im öffentlichen Dienst und die Gefahr steigender Zinsen. Denn Berlins Schuldenberg sei „weiterhin extrem hoch“.

Die künftigen Partner gaben sich gut gelaunt

Trotz alledem bemühten sich die potenziellen Regierungspartner, Optimismus und gute Laune zu verbreiten. Bei der großen Runde am Donnerstag habe, wie schon in den vorhergehenden Sondierungsgesprächen, eine „gute, offene und klare“ Atmosphäre geherrscht, sagte Müller. Linken-Chef Lederer sprach von einer „zielorientierten Arbeit auf der Suche nach gemeinsamen Lösungen“. Alle drei Parteien hätten den Anspruch, die Probleme der Stadt anzupacken. Und die Grünen-Politikerin Pop lobte den „gemeinsamen Willen, Berlin zu gestalten“.

Gemeinsame Initiative wollen SPD, Linke und Grüne auf verschiedenen Ebenen zeigen. So kündigten die drei Spitzenvertreter Müller, Lederer und Pop, die als künftige Senatsmitglieder gesetzt sind, bundes- und europapolitische Initiativen an. Es solle „etwas von Berlin ausgehen“, so Lederer. Konkreter wurden sie nicht. Am Sonnabend und Montag verhandeln die Führungsleute weiter, anschließend werden die Fach-Arbeitsgruppen in die Spur geschickt.

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