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Vollendete Idylle. Mit einer Unterbrechung zwischen 1944 und 1991 befand sich der Schlossbezirk stets in der Hand des aus der Toskana stammenden Adelsgeschlechtes. Auf dem Anwesen befindet sich auch ein Familienmuseum. Foto: pa/ZB

© picture alliance / ZB

Berlin: Köche, Kähne und Toskana

Eine italienische Adelsfamilie zog es einst in den Spreewald. Die Nachfahren sanierten Schloss Lübbenau

Lübbenau - Eine Kochmütze gehört gewöhnlich nicht zu den Souvenirs von Hotelgästen. Doch genau dieses Utensil aus der Küche hat sich das Schlosshotel Lübbenau als Präsent ausgedacht. Geschäftspartner, Lieferanten und vor allem die zahlreichen Spreewaldtouristen sollen damit die Kunde sowohl vom Abschluss der jahrzehntelangen Schönheitskur des Schlossviertels als auch vom neuen Namen für das Hotelrestaurant verbreiten.

Tatsächlich hat sich in den vergangenen 20 Jahren am Rande der Lübbenauer Altstadt und direkt gegenüber dem größten Hafen für die Spreewaldkähne ein kleines Wunder ereignet. Denn nicht nur die Geschichte der Eigentümerfamilie ist für Brandenburg keineswegs typisch. Auch das schon vor einigen Jahren restaurierte Schlosshotel selbst ist nun von einem Ensemble mehrerer kleiner Schmuckstücke umgeben. Aus dem ehemaligen Marstall, einem Fachwerkbau aus dem 18. Jahrhundert, entstand eine Urlaubsresidenz mit mehreren barrierefreien Zimmern, die Orangerie hat sich auf die spreewaldtypische Küche spezialisiert, die Kanzlei wird als Museum die 700-jährige Familiengeschichte dokumentieren und der neun Hektar große Park erhält schrittweise seinen Charakter als Ruhezone am Rande des Trubels in der Altstadt und im Hafen zurück.

„Wir sind jetzt soweit, dass wir uns den Gästen selbstbewusst präsentieren können“, sagt Chefkoch Dirk Lehmann, dessen Kochmütze als Modell für die neuen Präsente diente. „Schon der Name ’Linari’ drückt unseren Stolz aus.“ Dahinter verbirgt sich die Familie Lynar, die es Anfang des 17. Jahrhunderts aus Italien in den Spreewald verschlagen hatte und damals noch ohne „y“ geschrieben worden war. Mit einer Unterbrechung zwischen 1944 und 1991 befand sich der Schlossbezirk stets in der Hand des aus der Toskana stammenden Adelsgeschlechtes. Vor allem die letzten sieben Jahrzehnte spiegeln ein Stück deutscher Geschichte wider. Schließlich gehörte Graf Wilfried zu Lynar als Schlossherr im Jahre 1944 zu den Offizierskreisen, die mit den Verschwörern des 20. Juli 1944 rund um Graf Stauffenberg sympathisierte. Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler wurde auch er verhaftet und in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Das hinderte die Behörden in der sowjetischen Besatzungszone nicht, die Familie im Zuge der Bodenreform 1946 nach den Nazis ein zweites Mal zu enteignen. Das Schloss diente danach als Kinderkurheim „Clara Zetkin“, bis es 1970 wegen starken Verfalls abgerissen werden sollte. Nur die Suche nach einem geeigneten Platz für ein Ausbildungszentrum für Verkäuferinnen, um ihnen hier den Umgang mit neuer Datentechnik beizubringen, stoppte die Bagger.

Nach der Wende zogen die Frauen aus und ein Hotelbetreiber ein. Doch die inzwischen in Portugal ansässigen Nachfahren der alten Schlosseigentümer erinnerten sich an das große Anwesen in Ostdeutschland. Sie stellen einen Antrag auf Rückübertragung ihres Besitzes und erhielten aufgrund der „doppelten Enteignung durch die Nazis und die Bodenreform“ auch recht.

„Die ersten Jahre fielen uns nicht leicht, weil wir als ’gräfliche Rückkehrer’ vielen Anfeindungen ausgesetzt waren“, erinnert sich Gräfin Beatrix zu Lynar. „Heute ist das längst vergessen. Wir kommen sehr gut hier aus.“ Auch in Lübbenauer Haushalten liegen bereits mehrere Kochmützen als Souvenir vom Schloss.

Details zum sanierten

Schlossensemble im Netz unter

www.schloss-luebbenau.de

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