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Berlin: Köpenicks Bürgermeister fiel aus allen Wolken

BERLIN .Die Fahnder kamen mit Sirene und Haftbefehlen.

BERLIN .Die Fahnder kamen mit Sirene und Haftbefehlen.Blaulicht flackerte um das Hochbauamt Köpenick an der Amtsstraße 1.Eine knappe Hundertschaft Polizisten rückte gestern im Bauamt und in mehreren Baufirmen ein.Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, hat eine Art Baumafia in dem südöstlichen Bezirk den größten Berliner Korruptionsskandal der letzten Jahre zu verantworten.

Fünf Bauleiter des Amtes stehen unter dem Verdacht, sie hätten sich umfangreich bestechen und schmieren lassen.Darunter ist auch der stellvertretende Baudirektor.Zwei der Beschuldigten wurden aufgrund gerichtlicher Beschlüsse sofort in Haft genommen.An insgesamt 21 Stellen rückte das umfangreiche Polizeiaufgebot zu Durchsuchungen an.Konkret wird wegen Bestechung und Vorteilsgewährung gegen die Geschäftsführer von drei Firmen ermittelt - Hochbau, Gerüstbau, Dachdeckerei, alles ist dabei.Selbst bei der Renovierung des bezirklichen Bauamts soll - doppelte Selbstbedienung der Beteiligten - Korruption im Spiel gewesen sein.

Seit neun Monaten hatten die Korruptionsfahnder der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei in aller Stille ermittelt.Stillschweigen bewahren sie auch noch heute darüber, wer den entscheidenden Tip gegeben hat.Jedenfalls hat die dreivierteljährige Beobachtung der Köpenicker Bauszene einem Richter zu den Haftbefehlen gereicht.

Nur die Kommunalpolitiker wurden nicht eingeweiht.Bezirksbürgermeister Klaus Ulbricht fiel gestern nachmittag aus allen Wolken und zeigte sich erschüttert, daß "so etwas in Köpenick stattgefunden" haben soll.Noch schlechter dran war Baustadtrat Werner Gehrmann, der bis zum späten Nachmittag nichts Genaues wußte und, ahnungslos wie er war, am Vormittag ausgerechnet einen der Verdächtigen zur Kripo geschickt hatte, um bei der Aktensuche zu helfen.

Den Beschuldigten wird vorgeworfen, öffentliche Ausschreibungen zugunsten bestimmter Firmen manipuliert und dafür Geld und andere "Vorteile" kassiert zu haben.Genaugenommen geht die Staatsanwaltschaft davon aus, daß die eingeweihten Firmen sich ihre Ausschreibungen selbst auf den Leib geschneidert haben.Deshalb wurden im Archiv des Bauamtes gestern auch Submissionsunterlagen sichergestellt.

Es ging um Millionenaufträge.An die Angestellten des Hochbauamtes sollen dafür "richtig große Summen" geflossen sein.Von fünfstellig ist die Rede.Und nicht nur das: Die privaten Bauvorhaben der Staatsbediensteten im Umland, vermutlich sind Datschen gemeint, sind nach dem Verdacht der Ermittler von den Firmen in bezirkliche Aufträge eingerechnet und damit praktisch vom Bezirksamt bezahlt worden.Bisher gehen die Fahnder davon aus, daß das Korruptionsnetz auf Köpenick beschränkt ist.Die Beteiligten kennen sich zum Teil schon aus DDR-Zeiten.Ob die beschuldigten Firmen auch noch in den Verdacht geraten, in anderen Bezirken geschmiert zu haben - darüber kann nur spekuliert werden.

HANS TOEPPEN

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