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Wie umgehen mit Sprache? Das Gender-Sternchen sorgt immer wieder für Diskussionen.

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Kolumne Sonntagsfragen: Sprache für alle

Sollte man in einer Anrede "Sehr geehrte Herren, Damen und Diverse" schreiben? Oder ist das beleidigend? Immer wieder sonntags fragen Sie unsere Autorin.

Die Weisheit unserer Staatsorgane hat bekanntlich den traditionellen Geschlechtern mit „divers“ eine Restkategorie beigesellt. Das wirft Probleme auf, etwa für die neutrale Anrede in Geschäfts- und Behördenkorrespondenz. „Sehr geehrte Damen, Herren und Diverse“ oder, wegen der Alliteration wohlklingender, „Sehr geehrte Herren, Damen und Diverse“? Das klingt nach Satire, vielleicht sogar unterschwellig beleidigend. Ganz aus dem Felde gehen und analog der französischen Grußformel hinfort die Briefe einfach mit „Guten Tag“ beginnen? Was empfehlen Sie?

Bis Anreden geläufig werden, braucht es immer eine Übergangszeit. Wie lange begannen noch Briefe mit „Sehr geehrter Herr!“, als Damen schon lange die Büros bevölkerten. Heute würde ein Brief mit diesem Anfang wie völlig aus der Zeit gefallen wirken. Ähnlich wird es vielleicht eines Tages der noch heute geläufigen Anrede an Damen und Herren gehen. Bis sich das Gendersternchen in allen Teilen der Bevölkerung durchgesetzt hat, wird es wohl noch dauern. Aber Sprache ist ständigem Wandel unterzogen.

Als Privatperson sollten Sie erstmal bei der alten Anrede bleiben, wenn Sie sich damit wohlfühlen. Letztlich enthalten ja auch diverse Geschlechter Elemente der ursprünglichen zwei. Und es ist besser, etwas altmodisch zu wirken, als unfreiwillig satirisch. Anders verhält es sich, wenn Sie nähere Informationen über den Adressaten hätten und wüssten, dass er sich weder den Herren noch den Damen zugehörig fühlt.

Auf sensiblem Terrain sollte man unabsichtliche Ironie vermeiden

Haben Sie es mit Adressaten zu tun, denen Sie öfter schreiben, sollten Sie sich erkundigen, welche Anrede denen am liebsten ist. Sie können das mit den Damen und den Herren auch einfach umgehen. „Sehr geehrte Sachbearbeiter…“ oder „Sehr geehrtes Werkstatt-Team“ wären Optionen.

Dort wo man sich auf sensiblem Terrain bewegt, sollte man vermeiden, jemanden mit unabsichtlicher Ironie zu kränken. Anreden sollten nicht unnötig krampfig wirken. „Guten Tag“ klingt nach deutschen Gepflogenheiten etwas kryptisch, ginge aber wohl auch. Sie begehen eine gute Tat, indem sie Menschen, die sich sonst ausgeschlossen fühlen, das Gefühl geben, dazu zu gehören.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an: meinefrage@tagesspiegel.de

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