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Kolumne: Wie eine Mutter die Stadt erlebt!: Wie unsere Autorin ihre Tochter vor dem Ertrinken rettete

Mit dem Fahrrad in den See. Gut, wenn Kinder schwimmen können, denn man weiß nie in welchen absurden Situationen man es braucht.

Als ich noch keine Kinder hatte, erklärte mir einmal auf einer Party ein Psychologiestudent, wie man durch die präzise Wahl seiner Worte, Verhalten steuern kann. Sagt man zum Beispiel zu einem Kind „Halt das Glas gut fest“, ist die Wahrscheinlichkeit wesentlich höher, dass das Glas tatsächlich heil bleibt, als wenn man gesagt hätte, „Lass das Glas nicht fallen“. Denn das Wort „fallen“ wirkt sich wie eine selbsterfüllende Prophezeiung aus: Das Kind konzentriert sich auf das, was es eigentlich nicht machen sollte, und genau das passiert. Wenn ich einmal Kinder hätte, würde ich hoffentlich daran denken, dachte ich mir damals mit Mitte 20. Damit bloß kein Unglück passiert.

Mein erster Gedanke: Sie kann noch nicht schwimmen!

Bei uns im Kiez gibt es einen kleinen idyllischen See, der auf dem Weg zur Kita liegt. Vor nicht allzu langer Zeit fuhr ich mit meinen beiden Töchtern (damals zwei und vier Jahre) rechts davon am schmalen Uferstreifen entlang. Die eine Tochter im Fahrradanhänger, die andere fuhr selbst – auf ihrem Tiger-Bike – einige Meter vor mir mit hohem Tempo vorne weg. An einer leicht abschüssigen Stelle geriet sie ins Wanken. Der Lenker schlackerte. Zwischen Wasser und Uferweg liegt nur ein schmaler Grünstreifen und ich sah sie immer mehr nach links abdriften. Richtung See. In großer Sorge rief ich: „Nicht ins Wasser fahren!“. Dann immer hysterischer: „Fahr nicht ins Wasser!“. Etwa drei Sekunden später passierte genau das. Meine Tochter sauste kopfüber samt Fahrrad in den See. Für ein paar Sekunden ging sie komplett unter. Mein erster Gedanke: „Sie kann noch nicht schwimmen!“. Dann tauchte zum Glück der Kopf mit pinken Fahrradhelm wieder auf, ich vergaß die Schwester im Anhänger und sprintete los. Alle Instinkte funktionierten einwandfrei. Mit voller Montur sprang ich ihr hinterher in den See. Das Wasser bis zum Hals. Ich schwamm zu ihr.

Pitschnass zog ich sie aus dem Teich!

Wie ein Hund konnte sich meine fast fünfjährige Tochter an der Wasseroberfläche halten. Gerade mal vier Schwimmstunden, die sie bis dahin absolviert hatte, hatten gereicht, damit sie kein Wasser schluckte und nicht unterging. Denn in den ersten Seepferdchen Stunden lernen die Kinder wie sie ins Wasser springen und wieder auftauchen können.

So konnte ich sie also pitsch-patsch nass aus dem Teich ziehen. Ein Mann und eine Frau, die wegen meines Geschreis zur Hilfe geeilt waren, halfen das Tiger-Bike aus dem Wasser zu fischen. Auch die Holzperlenkette, die sich davor im Fahrradkorb befanden hatte, konnte gerettet werden. Nur ein bereits angebissenes Brötchen, musste leider im See liegen bleiben – weshalb es tatsächlich ein paar Tränen gab. Nach Hause ging es dann zu Fuß mit triefenden Klamotten. Der Schock saß uns wochenlang in den Knochen. Warum meine Tochter so zielstrebig (ohne zu bremsen) ins Wasser gesaust ist? Sie versteht es selber nicht. Unser Gehirn macht sonderbare Dinge mit uns. Vielleicht hätte ich sie mit der richtigen Warnung, den richtig formulierten Wörtern in die andere Richtung lenken können. „Lass dich ins Gras fallen“, würde ich beim nächsten Mal jedenfalls rufen.

Melden Sie ihr Kind so früh wie möglich zum Schwimmkurs an. Man weiß nie, wann man es braucht. Wassergewöhnungs- und Seepferdchenkurse bieten die Berliner Bäderbetriebe (berlinerbaeder.de/schwimmschule/) an. Eine Suchmaske mit privaten Schwimmschulen findet man unter www.berlin.de/special/sport-und-fitness/adressen/schwimmkurs. Bei der DLRG können Kinder und Jugendliche alle Abzeichen machen (berlin.dlrg.de/ausbildung/schwimmen).

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