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Berlin: Kommentar: Wie man Politik langweilig macht

Darf man Politik inszenieren? Soll man die Demokratie werbe- und medienwirksam verkaufen?

Darf man Politik inszenieren? Soll man die Demokratie werbe- und medienwirksam verkaufen? Ja doch. Man darf, man soll, man muss sogar. Hat das Abgeordnetenhaus seine Chancen dazu an dem Tage genutzt, an dem Klaus Wowereit seine Regierungserklärung zum Beginn der Legislaturperiode abgab? Nein. Da lief schief, was nur schief laufen konnte. Damit ist nicht gemeint, dass dem Regierenden Bürgermeister leider, wie schon seinem Vorgänger, das Talent zur freien Rede abgeht. Auch die geradezu parteischädigend desinteressierte SPD-Fraktion soll hier nicht abgemahnt werden, genauso wenig wie die post-pubertären Zwischenrufer in den Reihen der CDU. Nein, es geht um andere verpasste Chancen.

Vor der Regierungserklärung gönnte sich das - unpünktlich zusammen getretene - Plenum eine ausufernde Fragestunde. Nach der Regierungserklärung gab es keine Debatte über Wowereits Rede. Die findet erst in 14 Tagen statt. Beides, die Fragestunde vorher, das Schweigen hinterher, ist alte Berliner Sitte, ist die typische "Das-haben-wir-schon-immer-so-gemacht"-Attitüde.

Mit der zweiwöchigen Pause soll den Abgeordneten Zeit zur geschliffen ausformulierten Gegenrede gelassen werden. Außerdem vermeide man so populistische Direktheit und käme zudem gleich zwei Mal in die Medien, war zu hören. Das ist, mit Verlaub, dummes Zeug. Der Ältestenrat kann das, als einstimmige Empfehlung, ändern. Vor einer Regierungserklärung darf es keine, die Aufmerksamkeit lähmende, Fragestunde geben. Und hinterher muss diskutiert werden. Spontan und vielleicht nicht immer druckreif. Oder wollen wir unsere Abgeordneten wirklich für zu dumm dazu erklären?

Gerd Appenzeller

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