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Kommunalwahlen in Brandenburg: NPD allein zu Haus

Es gibt Dörfer und Städte in Brandenburg da kann sich die NPD im Kommunalwahlkampf ungestört austoben. Für die Landtagswahlen im September holt sie sich Unterstützung aus Berlin.

Die NPD hängt. Alleine. An der Laterne. Vor allem in kleinen Ortschaften in der Oberhavel, im Havelland oder im Barnim haben die etablierten, demokratischen Parteien den Rechtsextremen die weiten Brandenburger Felder überlassen. Die Plakate sind ein Indiz, das zum Beispiel in den Dorfstraßen des Löwenberger Landes ins Auge fällt. Schwarz-Rot-Gold mit dumpfen und rassistischen Sprüchen behauptet die NPD dort die Stellung. Plakate der SPD, CDU, der Grünen oder Linken? Nirgends.

Julius Schoeps ist Direktor des Potsdamer Moses-Mendelssohn-Zentrums. Er hat sich die Kreuzungen, die Landstraßen und die Gemeinden im ländlichen Brandenburg angeschaut. „Massiv haben die Rechtsextremen ihre Plakate dort aufgehängt. Was mich aber eigentlich schockierte: Die NPD ist über weite Strecken die einzige Partei, die überhaupt plakatiert – von den anderen keine Spur.“ Als die braunen Balken an den Wahlabenden der letzten Jahre wuchsen und wuchsen, kündigten die meisten Politiker Strategien, Programme und Maßnahmen an, um die Rechtsextremen zu verdrängen. An den besagten Laternen sieht das nun anders aus. „Wenn die demokratischen Parteien den Wählern in der Fläche das Gefühl geben, dass es nicht lohnt, um ihre Stimme zu werben, dann dürfen sie sich nicht wundern, wenn diese Wähler nach Alternativen suchen“, kritisiert Schoeps den aktuellen Kommunalwahlkampf. Dabei nannte er auch die rechtspopulistische „Alternative für Deutschland“. Am rechten Rand spielten diese Parteien mit den Ängsten und der Unsicherheit der Menschen, das könne zur Katastrophe am Wahlabend des 25. Mai führen, wenn man ihnen nicht Paroli biete.

Köpfe statt Laternen

Brandenburgs Bildungsministerin und SPD-Vizelandeschefin Martina Münch widersprach dieser deutlichen Warnung. „Wir müssen nicht den Kampf um die Laternenmasten gewinnen, sondern um die Köpfe“, sagte Münch. Brandenburg sei ein riesiges Flächenland, es könne nicht Sinn und Zweck sein, das ganze Land mit Plakaten zuzupflastern. Allerdings räumte Münch Probleme ein: „Wir wissen, dass es in der weiten Fläche des Landes schwierig ist, überall geeignete Kandidaten zu finden. Das gelingt nicht überall. Wir sind präsent, auch wenn das an den Plakaten nicht absehbar ist.“ Die NPD habe keine Meinungshoheit.

Die Rechtsextremen wollen aber – zunächst – keine flächendeckende Meinungshoheit erringen. Gemäß ihrer Strategie der „National Befreiten Zonen“ konzentriert sich die NPD auf wenige ländliche Gegenden, auf größere Dörfer und auf kleine Städte in Brandenburg. Überall dort, wo sie ein großes Wählerpotenzial und ein politisches Vakuum erkennt. Deswegen verzichtet die umstrittene Partei auf Kandidaturen in großen kreisfreien Städten wie Potsdam, Frankfurt (Oder) oder Brandenburg an der Havel. Die NPD tritt im Rest des Bundeslandes dafür mit 115 Kandidaten an.

Braune Unterstützung aus Berlin

Dort gibt sie sich bürgernah, verurteilt vermeintliche Kriminelle, vor allem wenn diese eine andere Hautfarbe als weiß haben. Doch ein Blick auf die Liste der NPD-Kandidaten zeigt, dass die Partei eine Vielzahl an Gewalttätern, Brandstiftern und ehemaligen Kameradschaftsführern ins Rennen schickt. So zum Beispiel im Havelland. Dort tritt der Gewalttäter Michel Müller für die NPD an. Zur Jahrtausendwende jagten er und weitere Neonazis Pakistaner durch die Rathenower Innenstadt. Weitere Beispiele gibt es wie Raps auf den Brandenburger Äckern. Ehemalige Anführer von militanten Kameradschaften werden Wähler auch in Märkisch-Oderland vorfinden. Dort tritt Robert Gebhardt an, welcher Anführer der gewaltbereiten, mittlerweile verbotenen Kameradschaft Märkisch-Oderland-Barnim (KMOB) war. Im Jahr 1992 sorgte der Brandanschlag auf die „jüdischen Baracken“ auf der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen für ein weltweites Echo. Einer der Haupttäter: Thomas Haberland. Er tritt in Joachimsthal (Barnim) für die NPD zur Kommunalwahl an.

Es gibt außerhalb der urbanen Zentren kaum eine Region, in der nicht ein vorbestrafter oder belasteter NPD-Kandidat einziehen soll. Weitere ehemalige Mitglieder militanter Kameradschaften finden sich auf dem Wahlzettel für den Kreistag Potsdam-Mittelmark, in Bad Belzig, in Guben, in Oranienburg, in Bernau und und und. Am 14. September sind in Brandenburg Landtagswahlen. Dann werden dort voraussichtlich ähnliche Verhältnisse auf den Wahlzetteln und an den Laternen herrschen. Vorbestrafte und Gewalttäter werden um Stimmen werben. Das Know-how dafür kommt aus Berlin. Der Berliner NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke soll den Landtagswahlkampf der NPD in Brandenburg managen. Er muss sich seit letzter Woche vor dem Berliner Amtsgericht wegen Volksverhetzung verantworten.

Mitarbeit: Sören Kohlhuber und Ney Sommerfeld, Potsdam

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