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Seit Jahren wird über den Umgang mit dem Biber gestritten.

© Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

„Attraktives Nahrungsmittel mit hochwertigem Fleisch“: Brandenburgs Bauern wollen Biberbraten auf Speisekarten

Biber auf den Teller? Während Bauern in Brandenburg den Fleischgeschmack loben, stellen sich Artenschützer gegen mehr Abschüsse. Was steckt hinter dem Konflikt um Deutschlands größte Nager?

Von Monika Wendel, dpa

Stand:

Wie schmackhaft ist Biberfleisch? Brandenburgs Bauernpräsident Henrik Wendorff würde es auf der Speisekarte nicht verschmähen. „Es ist ein attraktives Nahrungsmittel mit hochwertigem Fleisch“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Der Biber sei Vegetarier und bei der Auswahl der Pflanzen wählerisch. 

Der weit kleinere Bauernbund forderte schon vor Tagen: „Die gegenwärtige Praxis, den entnommenen Biber einschließlich Pelz und Schlachtkörper zu entsorgen, halten wir für wenig nachhaltig, zumal hier durchaus Verwertungsmöglichkeiten bestehen würden.“ Bei der Kirche im Mittelalter ging der Biber als guter Schwimmer und mit schuppigem Schwanz als Fisch durch – und landete in der Fastenzeit auf dem Teller. 

Hinter der Debatte, ob Biberfleisch auf den Speisekarten landen könnte, steckt ein zäher Dauerstreit: Ist der Nager eine Landplage oder ein hilfreicher Landschaftsplaner? 

Worum geht es bei dem Konflikt um den Biber? 

Es gibt Forderungen, den Biber, der erhebliche Schäden anrichten kann, künftig ins Jagdrecht aufzunehmen und ihn leichter schießen zu dürfen. Laut dem Bundesnaturschutzgesetz ist es verboten, den Biber zu fangen, zu verletzen oder zu töten. Er ist in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU als streng geschützte Art aufgeführt. Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) stellte jedoch in einem Interview im Oktober den besonderen Schutzstatus infrage und forderte - ähnlich wie beim Wolf – eine Überprüfung auf EU-Ebene. 

Will sich die Landesregierung mit dem Biber befassen? 

Klar ist: Die Biberverordnung in Brandenburg wird überarbeitet. Mitte März 2026 läuft sie aus. Im Koalitionsvertrag von SPD und BSW heißt es: „Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, um ein Bestandsmanagement für den Wolf und den Biber einzuführen.“ 

Bei der Frage eines Biber-Abschusses und der Ausgestaltung der Verordnung will sich das Agrarministerium bislang nicht in die Karten schauen lassen. Die Beteiligung der betroffenen Verbände dazu habe noch nicht begonnen, hieß es. Der Naturschutzbund Nabu betonte: „Das Land hat schlicht und ergreifend gar nicht die Kompetenz, den Schutzstatus des Bibers abzusenken.“ 

Wann dürfen Biber bislang schon geschossen werden? 

Bislang dürfen Biber nur in Ausnahmefällen mit amtlicher Genehmigung „entnommen“ werden, wie es im Fachjargon heißt. Dies war zuletzt etwa der Fall, weil eine Gefährdung für die Sicherheit der Hochwasserdeiche an der Oder und beim Flughafen BER gesehen wurde. Fleisch und Fell können dann privat verwertet werden. Auf eine offizielle Speisekarte in Gaststätten darf der Biber nicht. 

Wie hat sich der Biber-Bestand in Brandenburg entwickelt? 

Aktuell geht das Landesamt für Umwelt von einem Biber-Bestand von rund 4000 bis 4200 Tieren in Brandenburg aus. Er ist nahezu flächendeckend vorhanden. Als größtes Nagetier Europas erreicht der Biber (Castor fiber) samt Schwanz eine Größe von etwa 1,30 Meter. Bundesweit soll es nach Schätzungen um die 40.000 Biber geben. 

Einst galt er als nahezu verschwunden in Deutschland und wurde dann unter strengen Schutz gestellt. Seit der Wende hat sich der Biber deutlich vermehrt. Laut Bauernverband werden in Brandenburg um die 200 Biber im Jahr geschossen – Fälle, in denen sie Schäden angerichtet hätten. 

Welche Schäden können Biber anrichten? 

Biber leben laut Deutscher Wildtierstiftung in langsam fließenden und stehenden Gewässern mit Gehölzen nahe dem Ufer. Sie fällen mit ihren Schneidezähnen ganze Bäume und bauen Dämme, die zu Überschwemmungen führen können. 

Felder können durch das Aufstauen von Wasser überflutet, Flächen unterhöhlt werden. Es kommt zu Konflikten mit der Landwirtschaft, die wirtschaftliche Schäden beklagt. Die Biber machen laut Ministerium vor allem in den Landkreisen entlang der Oder sowie im Spreewald Probleme. 

Bei Hochwasser versuchen Biber, sich auf Deiche zu retten, wo sie laut Bauernverband tiefe Löcher graben und die Stabilität der Schutzbauwerke gefährden können. Laut Dahme-Spreewald-Kreis hatten Biber-Bauten auch einen wichtigen Entwässerungsgraben am Flughafen BER verstopft. 

Auch im Winter sind Biber munter: Gerade dann steht junge Baumrinde auf dem Speiseplan des Vegetariers, wenn die Natur sonst nicht mehr viel Nahrung für ihn hergibt. 

Verursacht der Biber Kosten? 

Laut Agrarressort entstehen den Wasser- und Bodenverbänden durch den Biber Mehrkosten für die Gewässerunterhaltung in Millionenhöhe. 2023 wurden rund 695.000 Euro Landesmittel bei einem Mehraufwand von insgesamt rund 1,39 Millionen Euro bereitgestellt. 2024 waren es knapp 389.000 Euro bei einem Mehraufwand von rund 1,65 Millionen Euro. 

Es handle sich um eine freiwillige Leistung des Landes, teilte das Ministerium mit. Schäden selbst werden nicht erstattet. Gefördert werden aber Präventionsmaßnahmen zur Eindämmung von Biber-Schäden. So können unter anderem Bäume mit Drahtgeflecht oder Schutzanstrichen geschützt und Dämme mit Stahlmatten gesichert werden. 

Plagegeist oder nützliche Art – was wollen Bauern und Jäger? 

Schon vor Jahren forderte der Deutsche Jagdverband: „Wenn in Regionen wie Brandenburg der Biber regelmäßig Deiche unterhöhlt und Flutgräben staut, gibt es dort kaum noch Verständnis für den strengen Schutz.“ 

Der Landesbauernverband teilte der dpa auf Anfrage mit: „Der Umgang mit dem streng geschützten Tier resultiert noch aus der Zeit vor Jahrzehnten, als es vom Aussterben bedroht war.“ Neue Wege seien erforderlich. „Eine längst überfällige Absenkung des nicht mehr nötigen Schutzstatus und ein Bestandsmanagement, das neben Prävention auch Bejagung enthält, sind nötig“, forderte Bauernpräsident Wendorff. 

Wie stehen Arten- und Naturschützer dazu? 

Der Bund für Umwelt und Natur in Deutschland sieht das anders: „Leider lebt der Biber gerade an der Oder unter dem Generalverdacht, nur Probleme zu machen (...).“ Der Nabu-Landesvorsitzende Björn Ellner betonte, der Biber sei „ein wichtiger natürlicher Verbündeter“ zur Stützung der in weiten Teilen sinkenden Grundwasserstände. Er wirke der Austrocknung der Landschaft entgegen und schaffe wertvolle Lebensräume. 

An erster Stelle im Umgang mit dem Biber müssen laut Artenschützern präventive Schutzmaßnahmen stehen. Gute Erfahrungen bestünden mit dem Einbau von Drainagerohren in Biberdämmen, meinte Ellner. Damit soll die Höhe des Wasserstandes begrenzt werden, damit es nicht zu Überschwemmungen kommt. Probleme lassen sich aus Sicht von Naturschützern auch vermeiden, wenn ein 20 Meter breiter Streifen entlang von Flüssen und Bächen nicht für Ackerbau oder Fischteiche genutzt wird. (dpa)

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