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Kontrapunkt: Verwirrung ums Wasser: Stringente Kommunikation sieht anders aus

20 Minuten abkochen, nein fünf Minuten, nein doch 20 Minuten: Die Bürger in Spandau wissen nicht, welcher Information sie glauben sollen. Wasserbetriebe und Behörden stiften Verwirrung - und lassen die Bürger verunsichert zurück.

Von Markus Hesselmann

Wer es darauf anlegt, unter seinen Mitmenschen größtmögliche Verwirrung zu stiften, der konnte sich jetzt aufs Neue in Berlin schulen lassen: „In Abstimmung mit den Berliner Wasserbetrieben sprechen die Behörden ein vorsorgliches Abkochgebot für den Berliner Bezirk Spandau aus“, hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung der Berliner Wasserbetriebe. Koliforme Keime seien festgestellt worden, Leitungswasser solle „erst nach 20-minütigem Abkochen zum Trinken und zur Zubereitung von Speisen genutzt werden“.

Holla, das ist lang! Das dachte wohl jeder, der das mitbekam. Die Leserkommentatoren auf unserer Online-Seite wurden auch sofort stutzig: In Potsdam hatten bei einem ähnlichen Fall unlängst wenige Minuten Wasserkochen gereicht.

Dann die Wende auch in Berlin: Der Bezirk Spandau tritt auf den Plan. Fünf Minuten reichten, teilte die zuständige Stadträtin noch am Donnerstagabend mit. Tags darauf wollte auch die Senatsgesundheitsverwaltung von einem 20-minütigem Abkochen nichts mehr wissen. Wer denn dann wohl „die Behörden“ waren, die in der Mitteilung der Wasserbetriebe erwähnt wurden, muss offen bleiben.

Ist auch nicht so wichtig, denn am Freitag kam die erneute Wende: Im belasteten Spandauer Wasser könnten auch Sporen sein, hieß es nun auf einen Anruf des Tagesspiegels hin bei den Wasserbetrieben. Deshalb müsse 20 Minuten lang abgekocht werden. Auch auf ihrer Internetseite hielten die Wasserbetriebe am Freitag ungerührt an der Langversion fest.

Stringente Kommunikation mit den Bürgern aufgrund professioneller Absprachen zwischen den maßgeblichen Behörden und Betrieben in einer Krisensituation sieht anders aus. Wie wichtig präzise Kommunikation gerade in Zeiten der rasanten Verbreitung von Informationen durch das Internet ist, scheint den meisten Berliner Behörden, Halbbehörden, ehemaligen Behörden, Eigenbetrieben, ehemaligen Eigenbetrieben und Halbeigenbetrieben noch nicht klar geworden zu sein. Die Bürger verzeihen Pannen und Fehler, aber sie wollen über die Gründe informiert werden und genau wissen, was nun zu tun ist.

Man muss all den Zuständigen, all den Sprecherinnen und Sprechern aber zugestehen, dass sie in Berlin unter erschwerten Bedingungen tätig sind. Denn zu den vielen Behörden, Halbbehörden, ehemaligen Behörden, ... kommt auch noch die zweigleisige Verwaltung hinzu. Da kocht dann ein Bezirk schon mal sein eigenes Wassersüppchen und widerspricht flugs der Einschätzung von höherer Stelle. Oder wollen die Spandauer nur einmal mehr ihre Unabhängigkeit von Berlin beweisen?

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