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Philharmonie

© Steinert

Konzert: Kur für die Seele

In der Philharmonie veranstaltete der Rundfunkchor ein "Mitsingkonzert": 1300 Laien machten mit.

Im Tiergarten erproben Spaziergänger den Frühling. Gegenüber in der Philharmonie proben sie für die Auferstehung: „Libera me, Domine, de morte aeterna“ – „Errette mich, Herr, vor dem ewigen Tod“, tönt es aus hunderten Kehlen. Die da ihr Innerstes heraussingen, könnten auch Frühlingsluft schnuppern. Aber sie möchten lieber 25 Euro zahlen und am Sonntag von morgens 10 bis abends 18 Uhr hart arbeiten. Denn am gestrigen Sonntag veranstaltete der Rundfunkchor Berlin sein „Mitsingkonzert“, und von Jahr zu Jahr wollen mehr dabei sein.

2003 erarbeitete der Profi-Chor zum ersten Mal mit singenden Amateuren aus Berlin ein Konzert. Es kamen 500 Sänger, diesmal sind es 1300. Würden alle mitmachen, die auf den Wartelisten stehen, wäre in der Philharmonie kein Platz frei. Die meisten singen in Kirchenchören oder in anderen Laienchören und haben sich seit Monaten auf den gestrigen Tag vorbereitet. Ein Requiem von Fauré, Brahms oder wie gestern von Verdi lässt sich nunmal nicht einfach so aus dem Stand trällern. Brigitte Goller, pensionierte Musiklehrerin, hat in den vergangenen Wochen jeden zweiten Tag zu Hause am Klavier gesessen, einzelne Passagen intensiv geübt und dann mit der CD mitgesungen. „Ich hätte nie geglaubt, dass aus über 1000 zusammengewürfelten Stimmen in einem Tag etwas Ganzes entsteht. Aber es klappt.“ Sie schwärmt vom Gemeinschaftsgefühl, das mit so vielen anderen wachse, wie einer die Schwäche des anderen ausgleiche. „Ein tolles Erlebnis“, sagt Barbara Wölfle, „da erfährt man die Musik ganz anders“. „Der Tag hier ist wie eine Kur für meine Seele“, meint ein Mann. Das liege zum Großteil an Simon Halsey, der Dirigent aus England, der 2001 zum Rundfunkchor kam und die Idee der Mitsingkonzerte aus seiner Heimat mitbrachte. „Wir haben jetzt ein gutes Niveau erreicht“, ruft er vom Dirigentenpodest den Sängern in gebrochenem Deutsch zu. „Das Niveau reicht für andere Städte. Aber nicht für Berlin!“ Und nochmal Takt 103 und nochmal. Bis es sitzt. Dass es bis zur Aufführung am Nachmittag sitzt, daran zweifelt er nicht. Schließlich seien die Leute in keiner anderen Stadt so gut vorbereitet wie in Berlin. (clk)

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