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Berlin: Konzert mit Misstönen

Live 8 – in Berlin ein vergeigtes Großereignis? In anderen Städten hatten die Fans zumindest mehr Platz

Von Sabine Beikler

Am Tag nach Live 8 stellt sich die Frage: War es der richtige Ort? Rund 200000 Menschen kamen zur Siegessäule und die Welt war per Videoschaltung zu Gast bei Freunden. Doch einiges ging schief: technische Probleme, lange Umbaupausen; das Konzert endete fünf Stunden später als geplant. Vor allem aber dämpfte die Enge auf der Straße des 17. Juni für einige das Konzertvergnügen. Tausende konnten nicht einmal auf den Videoleinwänden entlang der Strecke sehen, was sich auf der Bühne abspielte. Schon während des Konzerts gab es deshalb Dissonanzen.

„Tote Hosen“-Sänger Campino hatte den Ton vorgegeben: Er beschimpfte am Sonnabend den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit als Idioten und warf dem Senat vor, er habe sich nicht um alternative Standorte gekümmert. Wowereit selbst war nicht beim Konzert, weil er keine Einladung erhalten habe, sagte Senatssprecher Michael Donnermeyer. Er wies die Kritik gestern „aufs Schärfste“ zurück. Ebenso die Anwürfe Marek Lieberbergs. Der deutsche Veranstalter hatte Senat und den Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse scharf angegriffen. „Das ist eine Sauerei“, wetterte Donnermeyer. Lieberberg habe sich erstmals am 20. Mai an den Senat gewandt, um über die Konzertidee zu sprechen. Als Veranstaltungsorte waren das Maifeld und die Straße des 17. Juni im Gespräch. „Aber der Veranstalter wollte unbedingt das Brandenburger Tor im Bild.“ Weil, so heißt es nach übereinstimmenden Berichten, Bob Geldof, der Kopf des Gesamt-Unternehmens Live 8, das so wollte – wenn schon die musikalische Besetzung nicht mit der in den anderen Städten mithalten könne.

Innerhalb einer Woche habe Lieberberg für den 17. Juni alle Genehmigungen von der Senatskanzlei erhalten, beteuert Donnermeyer. Das Brandenburger Tor war während der Übertragung nur bei Kameraschwenks zu sehen. Die Bühne vor das Tor zu stellen, sei wegen der Baustelle „nicht möglich gewesen“, so Donnermeyer. Und das Gelände vorm Reichstag? Lieberberg betonte, er habe bei Wolfgang Thierse, dem Bundestagspräsidenten, eine Anfrage vorgelegt. „Es lag keine Anfrage vor“, entgegnet ein Sprecher Thierses. Lieberberg habe sich nicht direkt an Thierse gewandt.

Aber indirekt: über Erich Stather, Staatssekretär im Bundesentwicklungshilfeministerium, der „im Büro Thierse angefragt“ hat, wie er dem Tagesspiegel sagte. Die Antwort: „Aus Sorge um die Rasensprinkleranlage auf dem Gelände vor dem Reichstag war man von der Idee nicht begeistert.“ Außerdem hätte der Konzertaufbau während der Sitzungswoche im Bundestag stattfinden müssen. Dagegen habe Thierse Einwände gehabt.

Staatsekretär Stather hat auch mit dem Bezirksamt Mitte telefoniert. Baustadträtin Dorothee Dubrau (Grüne) aber wusste gestern davon nichts. „Tut mir leid. Das ist eine von 5000 Veranstaltungen im Jahr.“ „Das spricht nur dafür, dass die Dame die Bedeutung dieser Veranstaltung nicht erkannt hat“, kontert Mittes Bürgermeister Joachim Zeller (CDU). Auch die Grünen-Kulturpolitikerin Alice Ströver ärgert sich. Sie fordert eine Stabsstelle in der Stadt, bei der alle Fäden zusammenlaufen – um mit solchen Großveranstaltungen schnell und unbürokratisch umgehen zu können. Hanns-Peter Nerger, Chef der Tourismus Marketing (BTM) hat die Veranstaltung im Fernsehen verfolgt und ist sehr zufrieden. „Wir hatten die besten Bilder weltweit.“ Der Veranstalter habe sich erst vor acht Wochen um eine Genehmigung gekümmert. „Normalerweise braucht man ein halbes Jahr , um solch eine Veranstaltung professionell vorzubereiten.“ Vom Veranstalter war gestern niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

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