zum Hauptinhalt
Weihnachtszeit, Geschenkezeit. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) ist in Geberlaune.

© Fabrizio Bensch/Reuters

Kostenloses Schülerticket in Berlin: Hört auf, alle zu beschenken!

Rot-Rot-Grün will allen Berliner Schülern ein BVG-Ticket spendieren, unabhängig vom Einkommen der Familien. Das ist unsozial, findet unser Autor. Ein Kommentar.

Fröhliche Weihnachten! Auch im Roten Rathaus wird die Zeit der Geschenke eingeläutet. Die Koalitionspartner SPD, Linke und Grüne haben sich das kostenfreie Schülerticket auf den Wunschzettel geschrieben. Alle schulpflichtigen Kinder sollen Busse und Bahnen künftig gratis benutzen dürfen, egal ob sie aus armen oder wohlhabenden Familien kommen. Das ist Sozialpolitik mit der Gießkanne.

Kinder aus Familien, die wenig oder gar kein Geld haben, bekommen das Schülerticket schon jetzt kostenfrei über den Berlinpass, aus dem Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes. Warum sollen aber Eltern, die genug verdienen und sich die 21,80 für eine Monatskarte – oder 17 Euro im Jahresabo – locker leisten können, mit dem Gratisticket beschenkt werden? Ich kann dafür beim besten Willen keine vernünftige Erklärung finden, die wirtschaftlich oder sozialpolitisch zu rechtfertigen wäre.

Berlin hat kein Geld zu verschenken

Berlin wächst und hat kein Geld zu verschenken, der öffentliche Nahverkehr benötigt in den kommenden Jahren hohe Investitionen. BVG und S-Bahn erhalten jährlich weit über eine halbe Milliarde Euro Zuschüsse aus der Landeskasse. Mit Fahrgelderträgen allein ist der Betrieb nicht am Laufen zu halten. Nahverkehr ist Daseinsvorsorge – und eine Gemeinschaftsleistung, zu der wir alle einen Beitrag leisten müssen: als Steuerzahlerinnen und eben auch als Nutzerinnen.

Wozu es führt, seine Wohltaten blind zu verteilen, zeigt das Beispiel der gebührenfreien Kita. Seit der schrittweisen Einführung durch die rot-rote Koalition im Jahr 2007 hat die öffentliche Hand Milliarden dafür aufgewendet. Entlastet wurden bedürftige Familien, aber eben auch gut verdienende Eltern, die zuvor zumutbare Beiträge für die Kinderbetreuung bezahlt hatten. Heute fehlt dieses Geld, um Quantität und Qualität bieten zu können. Bis 2021 werden 22 000 neue Kitaplätze und 4000 Erzieher mehr benötigt. Wie sie finanziert werden sollen, weiß niemand.

Warum sollen Ärmere Leistungen für Reichere mittragen?

Aber Rot-Rot-Grün will weiter prassen: Zusätzlich 1,16 Milliarden Euro möchte der Senat im Doppelhaushalt 2019/20 ausgeben, die Koalitionsfraktionen haben noch mal 200 Millionen draufgelegt. An diesem Wochenende wollen die Haushälter von SPD, Grünen und Linke das Gesamtpaket schnüren. Viel Sinnvolles ist vorgesehen: Geld für die Bezirke, Infrastruktur, Grünflächen und Spielplätze. Aber wieso will die Politik die Gemeinschaft der Steuerzahler damit belasten, Familien besserzustellen, deren Haushaltseinkommen jenseits der Grenze des Spitzensteuersatzes liegt? Oder sozialdemokratisch gefragt: Warum sollen Ärmere für Leistungen mitbezahlen, die Reicheren zugutekommen? Möglicherweise fällt der Stadt das Geldausgeben auch leichter, weil Berlin nach wie vor größtes Nehmerland im Länderfinanzausgleich ist – 4,2 Milliarden waren es 2017. So viel wie nie zuvor.

Trotzdem: Es gibt auch in Berlin viele Familien, die nicht in Not geraten, wenn sie ein Schülerticket bezahlen oder mit ein paar Euro täglich dazu beitragen, dass es weiterhin anständiges Schulessen gibt. Wer mehr hat, kann auch mehr geben. Muss man diesen Grundsatz Politikern links der Mitte wirklich erklären?

Hört auf damit, alle zu beschenken. Die Reichen wählen euch trotzdem nicht.

Zur Startseite