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Berlin: Krabbeln oder Kuchen

In Kindercafés sollen sich die lieben Kleinen wie auch ihre Eltern wohlfühlen Während die einen die Spielbereiche erkunden, können die anderen entspannt beim Latte plaudern.

Fröhlich glucksend krabbelt Clara auf dem Fußboden umher, hält inne und streckt ihrer Mutter stolz einen gelben Bauklotz hin. Clara ist elf Monate alt und geht bereits regelmäßig mit ihrer Mutter Katharina Schmidt ins Café – aber nicht in ein langweiliges für Erwachsene. Denn „Freund Blase“ im Arnimkiez in Prenzlauer Berg ist vor allem ein Wohlfühlort für kleine Menschen bis zwei Jahre. Hier müssen alle Gäste die Schuhe ausziehen und die Kinderwagen draußen abstellen. So wird das Krabbeln in dem fast 70 Quadratmeter großen Caféraum, zwischen Spielküche, Bällebad, Bauklötzen und Feuerwehrauto, nicht nur zum Vergnügen, sondern auch zu einer sauberen Angelegenheit. Die Eltern sitzen dabei auf Himmelbettsofas und können sich bei einem frischen Pfefferminztee, bei Bio-Kuchen oder -Suppe entspannen und miteinander ins Gespräch kommen. „Hier ist es für Clara einfach spannender und abwechslungsreicher, als immer nur zu Hause im Wohnzimmer zu spielen“, sagt ihre 31-jährige Mutter.

„Freund Blase“, so genannt nach einer Figur aus dem russischen Zeichentrickfilm „Die drei Holzfäller“ von 1959, existiert seit drei Jahren. Inzwischen läuft das Geschäft trotz der etwas abseitigen Lage in der Paul-Robeson-Straße und trotz eines fehlenden Außenbereichs gut. Das liegt zum einen an der spielfreundlichen Atmosphäre, welche die Inhaber Corinna und Jan Blaschke, selbst Eltern eines viereinhalbjährigen Sohnes, geschaffen haben. Zum anderen bringen zahlreiche Kurse, die die ehemalige Sozialarbeiterin Blaschke in einem zusätzlichen großen Bewegungs- und Erfahrungsraum anbietet, immer regeren Zulauf. Darunter sind Angebote in den Bereichen Spiel und Bewegung, Babymassage, musikalische Früherziehung, Kinderbetreuung sowie die in den letzten Jahren allerorts boomenden PEKiP-Kurse – Krabbelgruppen, die sich an dem Prager Eltern-Kind-Programm orientieren und auf eine Frühförderung der Säuglinge zielen.

„Wir wollten einen Ort schaffen, an dem sich die Kleinsten richtig wohlfühlen, denn viele uns bekannte Kindercafés richten sich eher an etwas ältere Kinder“, sagt Corinna Blaschke. Nur selten komme mal jemand herein, der sich über die Auflage, die Schuhe auszuziehen, aufregen würde. „Die meisten Eltern verstehen sehr gut, dass es uns auf Sauberkeit ankommt“, berichtet die 30-jährige gebürtige Eberswalderin. Auch den Spielbeitrag von einem Euro für Kinder bis zwölf und 1,50 Euro für Kinder ab zwölf Monate entrichten fast alle Väter und Mütter verständnisvoll. „Die Spielsachen gehen einfach recht häufig mal kaputt, wir müssen sie dann reparieren oder neue anschaffen“, sagt Blaschke. Außerdem sei anders als in einem normalen Café zwar die Verweildauer lang, aber die Verzehrmenge häufig klein.

Vielleicht auch deshalb stehen in vielen Kindercafés bei näherem Hinsehen die Bedürfnisse der Eltern mindestens ebenso stark im Vordergrund wie die der kleinen Gäste. So können sich Mütter und Väter mit ihren Freunden in hübsch gestalteten Caféräumen an normal hohen Tischen verabreden, ein großes Speiseangebot genießen, via W-Lan am Laptop arbeiten oder durch die ausgestellten Angebote Berliner Jung-Designer schnuppern, während sich der Nachwuchs im angrenzenden Spielbereich vergnügt.

Besonders viele Kindercafés befinden sich in Prenzlauer Berg und Friedrichshain, doch vereinzelt gibt es sie auch in anderen Stadtteilen. So wie das „Meerchenhaft“ in Friedenau, das zuvor „BaLou – die BabyLounge“ hieß. Die neuen Inhaber Carolin Böhme und Björn Lemzer wollen mehr Angebote für etwas ältere Kinder schaffen. „Dafür besteht in unserem Kiez echter Bedarf“, sagt Lemzer. So gibt es im Spielbereich des Cafés mit Wohnzimmeratmosphäre und Pantoffelgebot auch ein Trampolin und selbst gebaute Klettermöglichkeiten. Außerdem werden Tanz-, Mal- und Bastelkurse für Kinder zwischen drei und sechs Jahren angeboten, Yogakurse sollen folgen. In der schönen Jahreszeit werden Gäste jeden Alters darüber hinaus von der Sommerterrasse mit Sandkasten angelockt. Der ist zwar nicht so groß wie in vielen Parks, dafür würde den Eltern auf einem Spielplatz aber nie ein Stück Kuchen serviert.

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