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Kraftwerk Ruhleben: Wie Strom aus Müll gewonnen wird

Verbrennung verwandelt Müll in Energie – und senkt die Gebühren. Dass die Berliner ihren Abfall schludrig trennen, ist eher ein Plus für das Kraftwerk Ruhleben.

Was Sie hier reintun, kommt bei Ihnen zu Hause wieder raus“, steht auf manchen Mülleimern der BSR. Keine besonders schöne Vorstellung, aber dennoch eine gute Nachricht. Denn im Müllheizkraftwerk Ruhleben wird die im Abfall enthaltene Energie per Dampfrohr ins nahe Vattenfall-Kraftwerk Reuter geleitet: 129 Tonnen pro Stunde. Dort wird Strom und Fernwärme daraus gewonnen, bevor der abgekühlte Dampf als Wasser wieder zurück zur BSR fließt. Das ist nicht nur sinnvoll, sondern auch lukrativ: Der Energieverkauf senkt nach einer Berechnung der BSR die Berliner Müllgebühren um mehr als drei Prozent. Bundesweit wird inzwischen knapp ein Prozent des Stroms durch die Verbrennung von Abfällen erzeugt.

In den letzten sieben Jahren, eben seit Hausmüll nicht mehr unbehandelt deponiert werden darf, schossen überall in Deutschland die Verbrennungsanlagen aus dem Boden. Einen der Gründe hat kürzlich das ZDF dokumentiert: Umsatzrenditen von 40 Prozent und mehr – ermöglicht durch entsprechend hohe Gebühren. Berlin gehört bei diesem Thema allerdings zu den Guten, die Gebühren sind im Bundesvergleich gering.

Ein wenig profitiert die BSR sogar davon, dass die Berliner es mit dem Mülltrennen nicht immer so genau nehmen: Würden wirklich nur die unbrauchbaren Reste in der grauen Tonne landen, „dann bliebe für die Verbrennung so wenig übrig, dass wir Probleme hätten“, sagt der Betriebsingenieur Hardy Schröder bei einem Rundgang über das Gelände in Ruhleben. Ein paar Reste von Holz, Papier und Plastik halten das Feuer am Lodern. Sie werden auch gebraucht, weil Hausmüll nie wirklich trocken ist. Die Feuchtigkeit kommt nicht immer nur aus Küchenabfällen (die eigentlich in die braune Biotonne gehören), sondern sie kann auch am Wetter liegen: Regnerische oder neblige Tage machen sich auch im Müllheizkraftwerk bemerkbar.

Die Feuchtigkeit ist auch ein Hauptgrund, weshalb Fachleute die Mülltrennung selbst in Zeiten hoch effektiver Sortiermaschinen beibehalten wollen. Mindestens das Papier würde zum Recycling völlig unbrauchbar, wenn es im Restmüll landen würde.

Unentwegt fahren die orangefarbenen Lastwagen vom Morgen bis zum späten Mittag an eine der mehr als 20 Rampen, um ihren stinkenden Inhalt in den riesigen Bunker zu kippen. Drei Kräne fahren über den Abfallbergen entlang, packen den Müll mit riesigen Greifern und werfen ihn in einen der sechs aktiven Brennkessel. Zehn Tonnen pro Stunde und Kessel werden bei reichlich 900 Grad verheizt – auch am Wochenende, so dass der Müllbunker freitags möglichst gut gefüllt sein soll.

Allerdings gärt es in den Abfallbergen derart, dass die Kräne sie häufig umschichten müssen, damit kein Feuer ausbricht. Die Kranführer bekommen die Wärmebilder direkt in ihre klimatisierten Kabinen gesendet, damit sie rechtzeitig sehen, wo es brenzlig wird. Auch im Leitstand nebenan laufen die Temperaturdaten ein – Alarm bei Überhitzung inklusive. Auf einen Bildschirm werden außerdem die Bilder aus den Kesseln übertragen. Gemütlich wie Kaminfeuer sehen sie von hier aus. Man sieht ja nicht, was da brennt.

Allerdings riecht man es an den Abladeplätzen der Müllwagen. Und man sieht den Staub, den Kipper und Kräne aufwirbeln. Er wird abgesaugt und in die Kessel geblasen, wo die Partikel mit verbrennen. Aus dem Schornstein auf dem Dach der Anlage kommt nur ein weißes Wölkchen. Alle Grenzwerte würden weit unterboten, sagt Schröder. Dabei ist die Anlage 40 Jahre alt, aber sie wurde immer wieder nachgerüstet. Im Laufe dieses Jahres soll ein ganz neuer Kessel in Betrieb gehen. Das Gebäude um ihn herum ist größer als eine Schulturnhalle.

Vorsortiert wird der Müll nicht, aber nach der Verbrennung lassen sich noch verschiedene Metalle herausfischen und recyceln. „Klondike“ werde die Sammelstelle in Anspielung auf den legendären Goldrausch genannt, berichtet Schröder. Denn die Preise steigen seit Jahren – ob für Stahl, Kupfer, Blei oder Aluminium.

Etwa ein Drittel der Müllmasse bleibt übrig in Form von Asche und Schlacke. Damit lassen sich alte Deponien abdecken und Straßen bauen.

Von 900 000 Tonnen Berliner Hausmüll werden 520 000 Tonnen in Ruhleben verbrannt. Der Rest wird großenteils in zwei von BSR und Alba betriebenen Anlagen zerkleinert, getrocknet und bei Vattenfall im Kraftwerk Jänschwalde in der Lausitz verfeuert – gegen Bezahlung. Denn dieser „Ersatzbrennstoff“ heizt nicht ganz so gut und zuverlässig wie die Lausitzer Braunkohle.

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