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Krankes Haus? Kliniken können künftig 15 Prozent ihrer Betten frei umverteilen. Was eigentlich für Notfälle und Großschäden gedacht ist, lässt sich profitabel nutzen – dann werden mehr künstliche Hüftgelenke eingesetzt. Deshalb wird die Neuerung kritisiert.

© dpa

Krankenhäuser: Berlin erhöht die Zahl der Klinikbetten

Der Plan von Gesundheitssenatorin Lompscher sieht 300 Betten mehr vor. Opposition und Kassen kritisieren das Vorhaben.

Von Fatina Keilani

Zum ersten Mal seit 20 Jahren steigt in Berlin die Zahl der Klinikbetten. Dies ergibt sich aus dem am Mittwoch von Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke) vorgestellten Krankenhausplan. Kritik kam deshalb von den Oppositionsparteien ebenso wie von Krankenkassen.

Gegenüber dem letzten Plan von 2006 sind 300 Betten mehr vorgesehen; insgesamt sind es dann 20 600 Betten. Derzeit gibt es laut Lompscher allerdings de facto 20 900 Klinikbetten in Berlin, weil das Plansoll 2006 verfehlt wurde. Dennoch: Berlin habe bundesweit die geringste Bettendichte und die höchste Auslastung.

Mit steigendem Bedarf wird vor allem in den Fachgebieten Geriatrie und Psychiatrie gerechnet, während bei Kinderheilkunde und Geburtshilfe eher Stagnation oder sogar Rückgang erwartet wird. Wegen dieser Entwicklung droht auch ein Pflegenotstand: „Wir haben ein Minus von 2000 Ausbildungsplätzen gegenüber 1995“, sagte Lompscher. Sie appellierte an Kassen und Kliniken, mehr für die Ausbildung von Pflegepersonal zu tun.

Der Krankenhausplan sieht außerdem eine größere Flexibilisierung vor, die es Krankenhäusern ermöglicht, statt zehn nun 15 Prozent der Betten eigenverantwortlich umzuverteilen. Die Krankenkassen übten ebenso wie die Opposition scharfe Kritik an dem Plan. „Mehr Betten und keine notwendigen Strukturanpassungen – das führt nicht zu besserer Versorgung, sondern nur zu einer Mehrbelastung der Beitragszahler“, sagte AOK-Sprecherin Gabriele Rähse. „Und die Flexibilisierungsquote auf 15 Prozent zu erhöhen, lehnen wir ebenfalls ab, denn das optimiert bloß die Gewinne der Krankenhäuser. Sie werden die Betten dann für die Eingriffe verwenden, die das meiste Geld bringen.“ So sieht es auch der CDU-Gesundheitspolitiker Mario Czaja.

So begrüßenswert es sei, den demographischen Wandel zu berücksichtigen – das wäre nach Überzeugung von AOK, CDU und Grünen auch ohne Erhöhung der Bettenanzahl möglich gewesen. „Dass die Bevölkerung altert, bedeutet nicht, dass sie auch länger im Krankenhaus liegt“, sagt Grünen-Haushaltspolitiker Oliver Schruoffeneger. „Die Alterung haben wir seit Jahren, aber die Verweilzeiten sind immer weiter gesunken.“ Schruoffeneger findet es außerdem „massiv ärgerlich“ dass drei kleine Privatkliniken mit 68 Betten in den Plan aufgenommen wurden. Senatorin Lompscher begründete dies damit, dass sich die Kliniken sonst eingeklagt hätten. Nur wer im Krankenhausplan ist, darf die Behandlung von Kassenpatienten abrechnen.

Der FDP-Gesundheitspolitiker Kai Gersch kritisierte den Plan als „ökonomisch unverantwortlich und unsozial“. Zum einen seien die Betten nur zu 82 Prozent ausgelastet, zum anderen bedeute dies, dass die spärlichen Investitionen auf noch mehr Betten verteilt werden müssten. AOK, Grüne und FDP sind darin einig, dass ein gigantischer Bedarf für Krankenhausinvestitionen besteht – die Rede ist von mehr als einer Milliarde Euro.

Der gestiegene Bedarf an Betten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie belegt nach Ansicht von CDU und Grünen Versäumnisse bei der Prävention. Der Senat gestehe damit ein, „dass die Einsparungen in der ambulanten psychiatrischen Versorgung dazu geführt haben, dass Kinder und Jugendliche nicht rechtzeitig behandelt wurden und deshalb ins Krankenhaus müssen“, so CDU-Mann Czaja.

Ein weiterer Punkt des Plans ist die Charité. Sie soll 500 Betten abbauen – wo, ist jedoch noch unklar. Lompscher wartet auf entsprechende Vorschläge der Uni-Klinik. Fatina Keilani

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