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Berlin: Kranksein macht vielen weiter Spaß Besonders im öffentlichen Dienst

ist „Blaumachen“ beliebt

Von Thomas Loy

und Stephan Wiehler

Krankfeiern ist im öffentlichen Dienst immer noch eine beliebte Methode, die persönliche Freizeit auszudehnen. Während andere Krankenkassen wegen der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt Rekord-Tiefstände bei den Krankschreibungen melden, bleibt die Rate in der Betriebskrankenkasse des Landes Berlin (BKK) unverändert. Sie liegt mit acht Prozent doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Auch bei der Länge der Fehlzeiten verzeichnet die BKK mit 19 Tagen im Jahr einen gleichbleibend negativen Spitzenwert. Dabei bemüht man sich, den Blaumachern auf die Schliche zukommen. Seit geraumer Zeit rücken zwei BKK-Mitarbeiter mehrmals im Jahr aus, um Verdachtsfällen nachzugehen. Von 1000 besuchten Kranken waren im vergangenen Jahr 75 Prozent arbeitsfähig, sagt Andreas Gruihn von der BKK. Mehr als die Hälfte der überprüften Kranken erschien kurz nach dem Besuchstermin wieder zur Arbeit. In der BKK sind 120 000 Berliner versichert. 80 bis 90 Prozent sind Angestellte des öffentlichen Dienstes.

Ins Raster der Kontrolleure geraten alle Versicherten, die sich öfter als fünf Mal im Jahr krank melden und einen nicht nachvollziehbaren Krankheitsverlauf aufweisen – etwa nach vier Wochen immer noch an Bronchitis oder einer Magenverstimmung leiden. Bei der Überprüfung haben die BKK-Mitarbeiter allerdings nur eingeschränkte Befugnisse. Sie dürfen Fragen stellen und sich ein Bild vom Gesundheitszustand machen. Kommen Zweifel auf, wird der Kranke vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) vorgeladen. Doch viele erscheinen dort gar nicht erst, sondern gehen wieder zur Arbeit. Im Jahr 2001 begutachtete der MDK 65 000 Versicherte, die krankgeschrieben waren. Rund 53 Prozent wurden als arbeitsfähig eingestuft.

Als Sanktion für überführte Blaumacher steht der Kasse nur die Einstellung der Krankengeld-Zahlung zur Verfügung. Bisher habe man allerdings in der Regel darauf verzichtet, weil die Versicherten wieder zur Arbeit gingen. Laut Andreas Gruihn erweisen sich viele Blaumacher trotz der Kontrollen als „resistent“. Einige würden sich jeden Monat krankschreiben lassen. „Die Leute wechseln ständig die Ärzte und die Krankheitsbilder.“ Um solchen Blaumacher-Profis beizukommen, müsse die Krankschreibungspraxis der Ärzte überprüft werden. Eine solches Projekt werde gegenwärtig vorbereitet.

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