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Untersuchung. Marc Bloching ist Chefarzt der Klinik für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie und Kommunikationsstörungen am Helios Klinikum Berlin Buch. Die Klinik wurde am häufigsten für die Behandlung von Mund- und Rachenkrebs empfohlen.

© Mike Wolff

Krebs erkennen und behandeln: „Es fängt an mit Halsschmerzen“

Hals-Nasen-Ohren-Experte Marc Bloching über Tumoren in Mund und Rachen.

Herr Bloching, wo lässt sich der Krebs im Mund- und Rachenraum verorten?

Mundhöhlen- und Rachenkarzinome treten an der Zunge und am Mundboden auf, meistens an den Mandeln, was viele nicht wissen, und am Gaumen. Was man nur schwer sehen kann, ist ein Karzinom, das in Richtung Zungengrund wächst.

Wie aggressiv sind die Tumoren?

Das sind relativ schnell wachsende Tumoren. Sie beginnen klein und entwickeln sich über Übergangsstadien, die sogenannten prämalignen Vorstufen. Diese kann man aber frühzeitig erkennen. Weiße Flecken an der Mund- oder Rachenschleimhaut zum Beispiel können bereits solche Vorstufen sein. Sie können sich verwandeln in Krebs und relativ zügig wachsen, wenn sie bösartig geworden sind.

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In den 1980er Jahren lag die Zahl der Neuerkrankungen noch wesentlich höher, ehe sie in den 1990ern zurückging. Mittlerweile ist eine Stagnation zu beobachten ...

Das kann man so nicht ganz sagen. Einen Anstieg gab es, ja. Dieser hing mit dem Rauchverhalten zusammen. Mundhöhlen- und Rachenkrebs wird durch Rauchen und Alkoholkonsum ausgelöst. Das Rauchverhalten hat sich verändert: Inzwischen gibt es weniger Raucher, wobei das regional sehr unterschiedlich ist. In Brandenburg etwa rauchen immer noch bis zu 40 Prozent der Männer, in Hessen sind es nur 18 bis 20 Prozent. Mittlerweile sind jedoch neue Risikofaktoren hinzugekommen, etwa das HP-Virus, das auch durch Oralverkehr übertragen werden kann. Dadurch kommt es sogar wieder zu einem Anstieg.

Das HP-Virus kennt man vom Gebärmutterkrebs ...

Dort wurde es zuerst als Risikofaktor identifiziert. Dafür gab es auch einen Nobelpreis für Harald zur Hausen, einen deutschen Forscher. Wir wissen inzwischen, dass die Rate der Karzinome, die durch HP-Viren bedingt sind, ansteigt – beim Rachenkrebs sind es bis zu 40 Prozent. Die Viren sind ein ganz großer Risikofaktor.

Mädchen empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) schon länger eine Impfung. Wie ist der Stand bei den Jungen?

Seit 2018 gibt es von der STIKO eine offizielle Empfehlung für Jungen von neun bis 14 Jahren, sie können auch nachgeimpft werden bis 17. Von den Krankenkassen gibt es inzwischen eine Kostenübernahme dafür.

Gibt es weitere Risikofaktoren?

Auch die Mundhygiene spielt eine Rolle. Die Zahnfleisch- und Mundgesundheit sowie die Zahl der kariösen Zähne können bei der Tumorentstehung von Bedeutung sein. Chronische Entzündungen, die dort ablaufen, sind Tumorrisikofaktoren. Darüber hinaus spielt auch die Genetik eine Rolle. Und es gibt bestimmte Risikofaktoren aus der Arbeitswelt, die teilweise noch nicht anerkannt sind, bei denen wir aber Hinweise haben, dass sie das Risiko erhöhen – Chemikalien und bestimmte Kaltschneideöle und Lösungsmittel.

Bei typischen Symptomen wie Husten oder Schluckbeschwerden denkt man kaum an Krebs. Wie erkennt man die Krankheit?

Es fängt an mit Halsschmerzen, wie bei einer Mandelentzündung. Diese strahlen dann ins Ohr aus und es kann brennen, wenn man Säfte mit Fruchtsäure trinkt. Das ist dann ein scharfer, stechender Schmerz. Atemnot oder Schluckbeschwerden treten meist erst relativ spät auf, an erster Stelle steht der Schmerz. Wenn man Halsschmerzen hat, die länger als zwei bis vier Wochen anhalten, sollte ein HNO-Arzt sich ansehen, ob dort etwas Bösartiges ist.

Marc Bloching ist Chefarzt Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am Helios Klinikum Berlin-Buch.
Marc Bloching ist Chefarzt Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am Helios Klinikum Berlin-Buch.

© promo

Kann auch der Zahnarzt Krebs erkennen?

Zahnärzte sind prinzipiell auch so ausgebildet, dass sie Krebserkrankungen erkennen können. Der Zahnarzt sieht die Patienten regelmäßig und hat daher die besten Möglichkeiten, diese Tumoren frühzeitig zu erkennen.

Im frühen Tumorstadium gilt eine OP meist als erste Wahl. Welche weiteren Verfahren nutzen Sie?

Fortgeschrittene Tumoren müssen im Normalfall multimodal behandelt werden – also sowohl mit einer OP als auch mit einer Radio-Chemotherapie. Im Einzelfall kann man auch nur eine Radio-Chemotherapie einsetzen. Wichtig ist aber eine individuelle Behandlung.

Dieses Interview und weitere Informationen zum Thema Krebs finden Sie im Gesundheitsratgeber „Tagesspiegel Onkologie“ (12,80 Euro, erhältlich unter www.tagesspiegel. de/shop oder Tel. 29021-520).

Das Interview führte Hauke Hohensee.

Hauke Hohensee

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