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Kreuzberg: Linksradikale besetzen Ströbeles Wahlkreisbüro

Linksradikale haben das Wahlkreisbüro des Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele in Berlin-Kreuzberg besetzt. Sie verlangen eine Untersuchung angeblicher Rechtsverletzungen in einem Strafverfahren.

Berlin (16.09.2005, 08:46 Uhr) - In einer Presseerklärung verlangten die etwa zwei Dutzend Linksradikalen von Ströbele eine Untersuchung des Strafverfahrens gegen einen mutmaßlichen militanten Extremisten in Sachsen-Anhalt.

Der Grünen-Politiker war nach Auskunft seines Mitarbeiters Daniel Wesener noch auf Wahlkampftour und sprach erst am Abend im Büro mit den Besetzern. Ströbele verzichtete darauf, das Büro durch die Polizei räumen zu lassen. Die Besetzer verhielten sich friedlich.

Laut Wesener hatten die Eindringlinge teilweise Schlafsäcke mitgebracht und wollten in dem Büro übernachten. Für Freitagvormittag kündigten sie eine Pressekonferenz in Ströbeles Räumen an, auf der sie über das von ihnen kritisierte Verfahren vor dem Oberlandesgericht Naumburg berichten wollen.

Ströbele hatte 2002 als erster Grünen-Politiker ein Direktmandat für den Bundestag errungen. Kurz vor der damaligen Wahl war ein polizeibekannter Rechtsextremist an einem Wahlstand mit einer Stahlrute über Ströbele hergefallen. Der Angreifer, den der Abgeordnete selbst gestellt hatte, musste später für 15 Monate ins Gefängnis. Ströbele erlitt bei dem Überfall zahlreiche Prellungen.

In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Naumburg (OLG) geht es um einen 24-Jährigen, der im Dezember 2003 nach Jugendstrafrecht wegen Brandstiftung zu zwei Jahren Haft verurteilt worden war. Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil aufgehoben und eine Neuverhandlung angeordnet. Aus Sicherheitsgründen wird im Justizzentrum in Halle verhandelt.

Dem Studenten aus Magdeburg wird vorgeworfen, als Mitglied und Mitgründer einer terroristischen Gruppe «zum Umsturz des kapitalistischen Systems» in den Jahren 2001 und 2002 an mehreren Brandstiftungen beteiligt gewesen zu sein. Der 24-Jährige hatte unter anderem eine «voreingenommene Besetzung des Gerichts» kritisiert, weil zwei der drei Richter bereits im ersten Prozess mitgewirkt hätten.

Ein 26 Jahre alter Mitbeschuldigter war bereits im Februar in einem zweiten Prozessdurchgang zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, was dem Strafmaß des ersten Urteils vom Dezember 2003 entsprach. Bei dem damaligen Prozess mussten sich insgesamt drei junge Männer aus Magdeburg vor dem OLG verantworten. Einer von ihnen wurde freigesprochen.

Der Presse in Sachsen Anhalt warfen die Betzer vor, das Verfahren mit einem Mantel des Schweigens zu bedecken. Sie hatten Ströbele nach Angaben Weseners bereits vor einigen Wochen gebeten, sich um eine kritische Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit zu kümmern. Erst vor einigen Tagen seien Materialien zu dem Fall im Büro eingetroffen, mit dem sich Ströbele nun beschäftige, berichtete sein Mitarbeiter. (tso/dpa)

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