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Berlin: Kriminalität: Berlin ist bundesweit Spitze: Organisiertes Verbrechen auf dem Vormarsch

Bei den Luxuskarossen, deren Wegfahrsperren das Stehlen so schwierig machen, ist es ein beliebter Trick: Der Dieb wartet im Auto oder Gebüsch, lauert auf den passenden Moment. Die Fahrer der exklusiven Automobile mögen dann ihren Augen kaum trauen: Das Garagentor öffnend, drehen sie sich verwundert zu dem eben nur kurz abgestellten Wagen um - und sehen ihr liebstes Stück auf immer entschwinden.

Bei den Luxuskarossen, deren Wegfahrsperren das Stehlen so schwierig machen, ist es ein beliebter Trick: Der Dieb wartet im Auto oder Gebüsch, lauert auf den passenden Moment. Die Fahrer der exklusiven Automobile mögen dann ihren Augen kaum trauen: Das Garagentor öffnend, drehen sie sich verwundert zu dem eben nur kurz abgestellten Wagen um - und sehen ihr liebstes Stück auf immer entschwinden. "Der Dieb fährt dann den Wagen umgehend nach Polen, von wo der Weitertransport in die Ukraine organisiert wird, zuvor erhält der Pkw die Daten eines Unfallfahrzeugs", heißt es bei der Polizei.

In der vergangenen Woche haben das Landeskriminalamt und die Berliner Staatsanwaltschaft einen Bericht zum "Lagebild der Organisierten Kriminalität Berlin 2000" vorgelegt. Erstes Ergebnis: Die Organisierte Kriminalität (OK) ist in einem alarmierenden Maße gestiegen. Die Polizei bearbeitete im vergangenen Jahr 124 solcher Komplexe, im Jahr davor waren es noch 88. Damit steht Berlin bundesweit an der Spitze. "Es ist unter anderem die kriminalgeografische Lage, die Berlin für die OK besonders attraktiv macht", sagt Innensenator Eckart Werthebach. "Die Nähe zu Osteuropa, die sich stetig verbessernde Infrastruktur und die breit angelegte Wirtschaftsstruktur tun ein übriges."

Beispiel Autodiebstahl: Im Jahr 2000 sind in Berlin 4747 Fahrzeuge "auf Dauer abhanden gekommen", wie es im Polizeibericht heißt. Rund 5000 weitere Wagen wurden "nur" ausgeschlachtet oder tauchten später wieder auf. Beim Diebstahl gehen die Banden unterschiedlich vor: Einige Gruppen sorgen beispielsweise dafür, dass die gestohlenen Autos noch in Deutschland "umfrisiert" und mit Daten von abgemeldeten Unfallwagen versehen nach Osteuropa transportiert werden. Andere lassen die Wagen von den zumeist ukrainischen Dieben sofort nach Polen fahren, wo die Autos dann entsprechend ausgestattet werden.

Den elektronischen Wegfahrsperren ist es zu verdanken, dass die Zahl der Autodiebstähle bundesweit zurückgegangen ist, doch die Täter rüsten offenbar technisch nach. "Es ist einer im Einzelnen noch nicht ermittelten Tätergruppe inzwischen gelungen, sogar die hochsensible Sicherungselektronik der neuen Audi A 6- und A 8-Modelle zu überwinden", heißt es im Bericht.

Auch die Zahl der Tatverdächtigen hat sich demanch erhöht. Insgesamt 1500 Personen rechneten die Ermittler im vergangenen Jahr organisierten Tätergruppen zu. Mit 62 Mitgliedern stellte eine Bande der vietnamesischen Zigarettenmafia die größte Bande des vergangenen Jahres dar. Auch in diesem Bereich der OK steigen die Zahlen laut Bericht weiter an. Zwar ist es der Polizei gelungen, die "Quang Binh"-Bande, die seit Mitte der 90er Jahre die einflussreichste Gruppierung in Berlin war, praktisch zu zerschlagen. An deren Stelle sind inzwischen jedoch die Banden "Nghi Xuan" und "Thanh Chuong" getreten. Nimmt die Polizei ein Mitglied der streng hierarchisch aufgebauten Gruppierung fest, wird seine Stelle sofort mit einem neuen Landsmann besetzt. Derweil betreut die Zigarettenmafia den Festgenommenen während der Haft und unterstützt seine Familie auch finanziell.

Hingegen spielt dem Lagebericht zufolge die oft als Synonym für mafiöse Organisationen aus Osteuropa gebrauchte "Russenmafia" in Berlin keine Rolle: "Im Jahr 2000 wurde keine kriminelle OK-Tätergruppe ermittelt, die sich ausschließlich aus russischen Staatsangehörigen zusammensetzte." Die meisten Banden der OK bestehen aus Mitgliedern zweier oder mehr Nationen, fast die Hälfte von ihnen sind Deutsche.

Beim Rauschgifthandel stellen nach wie vor ausländische Tatverdächtige die Mehrheit. Die höheren Handelsebenen, also Import und Großhandel von Heroin und Kokain, werden laut Bericht "fast ausnahmslos" von Arabern und Türken beherrscht. Allerdings drängen in letzter Zeit auch Mitglieder der Türsteher- und Hooliganszene auf den Markt. Kein Wunder, gilt doch der Rauschgifthandel als lukrativste Alternative innerhalb der OK: Allein 2000, schätzen die Experten, verdienten die Rauschgifthändler in Berlin rund 18,3 Millionen Mark.

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