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Nur eine Übung. Hier demonstriert die Berliner Polizei die Tricks der Taschendiebe.

© Thilo Rückeis

Kriminalität in Berlin: Unsere Tochter jagt den Handy-Dieb

In Berlin sind selbst Kinder vor Taschendieben nicht sicher. Aber, Achtung, ihr Schurken: In Berlin sind auch Taschendiebe vor Kindern nicht sicher.

Unsere 13-jährige Tochter hat ihre erste Erfahrung mit der Großstadtkriminalität gemacht. „Mein Handy ist mir heute gestohlen worden“, teilt sie uns beim Abendessen lapidar mit. „Ja, schon klar“, „Erzähl keinen Quatsch!“ So reagieren Eltern, denen das Leben schon viele Geschichten erzählt hat. „Doch, wirklich“, sagt Emma. „Aber ich habe es mir wiedergeholt.“ Jetzt wird’s interessant.

„Wir waren gerade in den Bus gestiegen“, erzählt sie, auf dem Heimweg von der Schule war Emma mit zwei Mädchen aus ihrer Klasse unterwegs. „Ich hatte mein Handy benutzt und dann in meine Manteltasche gesteckt.“ Gleich danach habe sie gespürt, wie eine fremde Hand in die Tasche fasste und das Handy herauszog. „Es ging alles ganz schnell. Ich habe mich umgedreht und sofort gesehen, wer es gewesen ist. Der Bus stand noch an der Haltestelle, der Mann ging zur mittleren Tür und stieg aus.“

„Und dann? Was hat du gemacht?“ Meine Frau und ich wechseln Blicke ungläubiger Spannung.

„Ich bin ihm hinterher. Draußen habe ich ihn am Rucksack festgehalten und ihm gesagt, er soll mir mein Handy zurückgeben. Und er hat es mir zurückgegeben. Dann bin ich wieder eingestiegen. Zum Glück war der Bus noch da. Das war’s.“ Ende der Geschichte.

Wie, das war’s? Wir beben vor Aufregung und Neugier. Und löchern Emma mit Fragen. Wie sah der Täter aus, wie alt war er? Ganz normal, so um die 30. Wo waren deine Freundinnen? Im Bus. Kam niemand zur Hilfe? Nö. Und der Dieb? Ist einfach weitergegangen. Und der Busfahrer? Hat wahrscheinlich gar nichts mitbekommen.

Viel mehr ist nicht von Emma zu erfahren. Meine Frau ist beeindruckt. „Das hast du super gemacht, Emma. Ich hätte nie gedacht, dass du so mutig bist.“ – „Mama, der hatte mein Handy. Glaubst du, ich würde zulassen, dass der mein Handy behält? Und dann ohne Handy nach Hause kommen?“

Mut gegen Kriminelle ist gut, Vorsicht ist besser

„Du hast großes Glück gehabt, Emma“, sage ich. „Der Dieb hätte auch anders reagieren können. Was wäre gewesen, wenn er ein Messer gezogen und dich bedroht hätte?“ Ich finde, als Vater habe ich die Pflicht, sie auf die Gefahren ihres mutigen Einsatzes hinzuweisen. „Dann hätte ich ihm gegen das Schienbein getreten“, entgegnet meine Tochter. Diese Antwort beruhigt mich keineswegs. Und der flüchtige Täter, der ungestraft davongekommen ist, wird er eine Lehre aus dem vereitelten Diebstahl ziehen? Wird er nun nicht mehr stehlen, oder anderen Kindern künftig geschickter Handys oder Portmonees aus der Tasche ziehen?

Wir hätten vielleicht die Polizei informieren sollen, denke ich. Meine Frau fragt: „Emma, warum hast du nicht ein Foto von dem Dieb gemacht?“ Emma verdreht die Augen: „Ja, klar Mama. Der Dieb gibt mir das Handy zurück und wartet, damit ich den PIN-Code eingebe, die Kamera einschalte und ein Fahndungsfoto schieße. Also echt, Alter!“  

Die Präventionsbeauftragten der Berliner Polizei informieren über Angebote für Kinder und Jugendliche zur Vorbeugung von Kriminalität und zum richtigen Verhalten in Gefahrensituationen. Ansprechpartner in den zuständigen Direktionen finden Sie unter diesem Link oder über das Landeskriminalamt unter Tel. 46 64 97 92 10.

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