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Eine Funkstreife im Einsatz.

© dpa

Kriminalität in Neukölln: Clans unter Druck

Erneut Razzia in Neukölln wegen Waffenbesitzes. SPD-Innenexperte Tom Schreiber fordert mehr Zusammenarbeit der Behörden.

Neue Razzia gegen einen deutsch-arabischen Clan: Die Berliner Polizei hat am Mittwochmorgen zwei Häuser in Neukölln durchsucht. 30 Beamte sollen an dem Einsatz beteiligt gewesen sein – darunter auch ein schwer bewaffnetes Spezialkommando. Ein 28-Jähriger wurde festgenommen. Gegen ihn wird unter anderem wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Waffengesetz ermittelt. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob gegen den Mann ein Haftbefehl beantragt wird. Die Polizei fand bei ihm scharfe Munition, illegale Medikamente – vermutlich das Schmerz- und Rauschmittel Tilidin – sowie mehrere Zehntausend Euro Bargeld.

Die Ermittler durchsuchten ein Ladengeschäft in der Neuköllner Fuldastraße und eine Wohnung in der Karl-Marx-Straße. Bei dem festgenommenen 28-Jährigen soll es sich nach Tagesspiegel-Informationen aus Sicherheitskreisen um ein Mitglied des bekannten deutsch-arabischen Clans C. handeln.

Besonders großer Clan mit Wurzeln im Libanon

Bei dieser Familie, die einst aus dem Libanon einwanderte, handelt es sich um einen besonders großen Clan, etliche Angehörige dieser Familie sind nie durch Straftaten aufgefallen und gehen regulären Berufen nach. Andere arbeiten im Sicherheitsgewerbe, einige nutzen diese Jobs für allerlei illegale Nebengeschäfte.

Die Razzia an diesem Morgen, so die Polizei, habe nichts mit dem Fall zu Wochenbeginn zu tun, bei dem zwei Mitglieder der weitverzweigten Großfamilie in Britz vor einer Sportsbar aus einem Auto heraus niedergeschossen wurden. Auch wurden am Montag in einer Wohnung der Familie C. im Graefekiez Schreckschusswaffen gefunden. Durch Ermittlungen der vergangenen Wochen habe sich allerlei „Beifang“ ergeben, heißt es aus Justizkreisen.

Konkret: Verfahren wegen einer bestimmten Straftat – Drogenhandel, Nötigung, Hehlerei, zuletzt Falschgeld – führen zu Hinweisen auf weitere Vergehen. Insofern sei im Milieu mit weiteren Razzien zu rechnen. Drei deutsch-arabische Großfamilien gelten durch verlustreiche Entwicklungen der vergangenen Monate und Polizeieinsätze der vergangenen Wochen inzwischen als angeschlagen. Vor einigen Wochen wurden 77 Immobilien des Clans R. konfisziert.

Landeschef fordert dauerhafte und nachhaltige Maßnahmen

Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Norbert Cioma, sagte zur Razzia: „Der Rechtsstaat ist keine Eintagsfliege.“ Um den Sumpf der organisierten Kriminalität trockenzulegen, seien dauerhafte und nachhaltige Maßnahmen notwendig. Das sei personalintensiv, aber die Funde der Razzien zeigten, „dass wir es hier mit Leuten zu tun haben, die auf unsere Gesetze pfeifen“.

SPD-Innenexperte Tom Schreiber forderte, die Berliner Behörden müssten ihre Bemühungen bei der Vermögensabschöpfung verstärken und so den Clans das Leben schwer machen. Experten von Justiz, Polizei, aber auch von Finanz- und Ordnungsämtern müssten dazu in einer Taskforce zusammenarbeiten, um „in der ganzen Breite“ vorzugehen.

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