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Berlin: Kriminologe fordert: Hauptschulen abschaffen

Studie untersucht Gewalt und Medienkonsum. Vor allem Jungen und Migranten bereiten Probleme

Angesichts der Ballung sozialer Probleme und Gewalt an Hauptschulen hat der niedersächsische Kriminologe Christian Pfeiffer deren Abschaffung gefordert. „Ich sehe nur zwei Lösungen: Ganztagsangebote und Schluss mit der Aufteilung in Haupt- und Realschulen“, sagte Pfeiffer bei einer Veranstaltung der Friedrich- Naumann-Stiftung zum Thema „Brennpunkt Hauptschule“ am Dienstagabend.

Das Kriminologische Institut Niedersachsen, dessen Direktor Pfeiffer ist, hatte vergangenes Jahr bundesweit 23 000 Viert- und Neuntklässler nach Gewalterfahrungen und Medienkonsum befragt. Einige der Ergebnisse:

Mehrfachtäter sind 7,4 Prozent der Hauptschüler, aber nur 1,9 Prozent der Gymnasiasten

18,5 Prozent der Hauptschüler haben gesehen, dass ihr Vater die Mutter – oder umgekehrt – geschlagen hat (Gymnasium: 4,8 Prozent)

Kinder, die zu Hause geprügelt werden, landen überproportional häufig in der Hauptschule

Dass sie schon mal andere geschlagen haben, gaben 20 Prozent der Hauptschüler an (Gymnasiasten: 10 Prozent)

Kinder mit einer Schulempfehlung für das Gymnasium sehen pro Schultag 60 Minuten fern, Hauptschulempfohlene aber 132 Minuten

Hauptschüler verbringen fast dreimal so viel Zeit vor brutalen („entwicklungsschädigenden“) Computerspielen und Filmen wie Gymnasiasten.

Verschärft werden die Probleme an Hauptschulen noch dadurch, dass hier besonders viele Migranten und Jungen unterkommen. Vor allem türkische und arabische Kinder werden zu Hause dreimal häufiger misshandelt als deutsche Kinder und erleben viel häufiger, dass ihre Eltern von Sozialhilfe leben. Jungen sind ebenfalls eine spezielle Problemgruppe: Sie werden öfter von den Eltern und von Gleichaltrigen geschlagen als Mädchen,werden häufiger verbal beleidigt, haben weniger Schulerfolg und sehen viel mehr fern und Gewaltfilme.

Für seine Forderung, die Hauptschule abzuschaffen, bekam Pfeiffer nur wenig Unterstützung auf dem Podium. Der Hauptschulreferent der Bildungsverwaltung, Siegfried Arnz, sagte zwar, „vieles wäre einfacher, wenn man nicht alle Benachteiligten in einer Schulform zusammentäte“. Wenn man die Hauptschulen aber habe, müsse man dafür sorgen, dass gute Modelle wie der Einsatz von Sozialarbeitern im Etat abgesichert seien. Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) und die FDP-Schulexpertin Mieke Senftleben forderten, früher bei der Problemlösung anzusetzen: mit einer verpflichtenden Vorschule. Buschkowsky schlug zudem vor, kostenlose Kitas durch eine zehnprozentige Kürzung des Kindergeldes zu finanzieren.

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