zum Hauptinhalt

Berlin: Krise in Berlin: Koalition - der letzte Versuch

CDU und SPD gingen am Mittwoch mit der Erwartung in eine Sitzung des Koalitionsausschusses, dass die Regierungskoalition auseinander bricht. Er wolle noch den Versuch machen, die Koalition zusammenzuhalten, sagte der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen vor dem Treffen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

CDU und SPD gingen am Mittwoch mit der Erwartung in eine Sitzung des Koalitionsausschusses, dass die Regierungskoalition auseinander bricht. Er wolle noch den Versuch machen, die Koalition zusammenzuhalten, sagte der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen vor dem Treffen. "Aber ganz offensichtlich will die SPD die Auswirkungen der Bankenkrise nutzen, ihre Wahlniederlagen der letzten Jahre wettzumachen." Sollte die Große Koalition keinen Bestand haben, müsse der Wähler entscheiden, kündigte der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Wowereit schon am Vormittag an.

Diepgen und Finanzsenator Peter Kurth legten am Nachmittag ein umfangreiches Sparprogramm für die nächsten Jahre vor, das in wichtigen Punkten auf Forderungen der SPD eingeht. "Wenn jemand sich aus der Zusammenarbeit verabschieden will: Die Haushaltspolitik ist dafür kein Instrument", sagte der Regierungschef. Wesentlichen Elementen des Konsolidierungsvorschlags müssten die Sozialdemokraten eigentlich zustimmen.

SPD-Chef Peter Strieder konterte am Abend zu Beginn der Koalitionsrunde, die SPD wolle "die Krise meistern", doch habe er nicht den Eindruck, dass Diepgen und die CDU "noch an der Koalition festhalten wollen". Er zeigte sich empört darüber, dass Diepgen und Kurth das Sparprogramm der Presse vorgelegt haben, während er seit seinem Gespräch mit Diepgen unter vier Augen am Dienstagabend mehrfach vergeblich darum gebeten habe: "Es wurde mir verweigert." Strieder sprach von "verlotterten Sitten bei der CDU" und einem unakzeptablen Verhalten Diepgens. Ähnlich verärgert äußerte sich SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit. Strieder erwartete eine lange Nacht mit "harten Auseinandersetzungen und deutlichen Worten".

Zur Motivlage der SPD, aus der Koalition auszusteigen, erklärte Diepgen, dass sich "das Verhalten sehr stark an den Wünschen und Sehnsüchten einzelner Personen orientiert". Der CDU-Politiker bestätigte, dass er sich noch nicht entschieden habe, bei möglichen Neuwahlen wieder als Spitzenkandidat anzutreten. "Im Zweifelsfall ja, wenn meine Partei es wünscht." Diepgen ist, mit kurzer Unterbechung 1989/90, seit 1984 Regierender Bürgermeister von Berlin.

Das Werben der Oppositionsparteien PDS und Grüne um eine neue Regierungskoalition mit der SPD kommentierte Wowereit mit den Worten: Es sei doch etwas Schönes, wenn so viele etwas mit den Sozialdemokraten zu tun haben wollten. Das Verhältnis zur PDS müsse neu definiert werden. Offenbar habe die FDP keine Berührungsängste mehr gegenüber der PDS, wies der SPD-Mann auf die gemeinsame Initiative von PDS, Grünen und FDP für ein Volksbegehren zur Auflösung des Abgeordnetenhauses hin. "Das sind nicht mehr die Schmuddelkinder. Das Ergebnis der Koalitionsrunde lag bis zum Redaktionsschluss nicht vor. Die geschäftsführenden Landes- und Fraktionsvorstände der SPD werden am heutigen Vormittag über das Schicksal des Regierungsbündnisses mit der CDU beschließen.

Zur Startseite