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Gedenken. Es ist vorbei. Doch oft kann man vorher eingreifen, wenn man nur die Signale des Lebensmüden nur richtig versteht.

© dpa

Krisen erkennen: Wie kann man Suiziden von Jugendlichen vorbeugen?

Im Tagesspiegel diskutierten Experten und Angehörige, wie man Suizide Jugendlicher verhindern kann. Jährlich nehmen sich hunderte junge Leute das Leben.

Zunächst ist da eine tiefe Trauer, gemischt mit Wut, Schuldgefühlen, Scham, aber auch viel Unverständnis. Menschen, die einen Angehörigen aufgrund von Suizid verloren haben, tragen all diese Gefühle mit sich herum – oft bis an ihr Lebensende. Hinzu komme, dass viele Betroffene sich nicht trauten über das Thema offen zu reden, sagt Pfarrerin Cornelia Kulawik. „Sie fragen sich, ob sie versagt haben“. In Selbsthilfegruppen stellen diese Menschen schnell fest, dass sie mit ihrem Schicksal nicht alleine sind. 350 Menschen nehmen sich laut Statistischen Bundesamt in Berlin jedes Jahr das Leben, das ist fast ein Selbstmord pro Tag.

10.000 Deutsche töten sich jährlich selbst

Deutschlandweit sterben fast dreimal so viele Menschen an Selbsttötungen wie an Verkehrsunfällen. Insgesamt sind das 10.000 Menschen - 600 davon sind nicht älter als 25 Jahre. „Das ist eine Kleinstadt, die da jedes Jahr aus dem Leben scheidet“, sagt Michael Witte, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention (DGS). In den Medien ist selten über dieses Thema etwas zu lesen, zu groß ist die Angst vor Nachahmer-Effekten. Da es aus Gründen der Prävention dennoch wichtig ist, immer wieder darüber zu sprechen, luden am Montag die Telefonseelsorge und der Tagesspiegel zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Suizid ist nicht die Lösung“ ein. Wie viele Selbstmorde es gibt, darauf könne die Gesellschaft sehr wohl Einfluss ausüben, meinte Witte. In Berlin half nicht zuletzt eine Vielzahl an Beratungsangeboten, die Zahl der Selbsttötungen zuletzt zu senken.

Den Mut haben, ehrlich über Gefühle zu sprechen

Doch wie erkennt eine Mutter, ein Bruder oder eine beste Freundin, dass jemand beabsichtigt, sich selbst zu töten? Man müsse auf Wesensveränderungen reagieren und den Mut haben, Fragen zu stellen, erklärte Witte. Zudem dürfe man keine Scheu haben, denjenigen direkt anzusprechen.

Nicht selten äußern selbstmordgefährdete Personen im Vorhinein ihre Absichten. Dann helfe nur die direkte Konfrontation: „Ich habe das von dir gehört und ich mache mir wirklich Sorgen, dass du das ernst meinst“, könnte ein Einstieg in ein Gespräch lauten. „Man müsse Emotionen spüren, aber auch Emotionen zu lassen“, sagte Schulleiterin Christiane Kleß von der Evangelischen Schule Charlottenburg, die sich bei Schulprojekten intensiv mit dem Thema befasst. In Zeiten, in denen Beziehungen schon mal über WhatsApp beendet werden, falle es Jugendlichen schwer, sich zu öffnen. Man müsse sie stärken, den Mut zu haben, über ihre Gefühle zu reden.

Konrad Bär von der Berliner Telefonseelsorge hat oft junge Menschen in Krisen am Apparat. „Es geht um Liebe, um Enttäuschungen, um Ausgrenzung und um Leistungsdruck - ausgeübt von Eltern oder Lehrern“. Auch Cybermobbing sei nicht zu unterschätzen, bestätigte Daniel Barkowski, Projektleiter der Jugendmesse You. „Jugendliche geben immer mehr persönliches auf Facebook oder Instagram preis, auf der Suche nach ,Likes’“. Und werden dann stattdessen gemobbt.

Wettbewerb „Suizid ist nicht die Lösung“der Telefonseelsorge , bis 21. August (für Songs, Filme, Texte, Collagen: www.suizid-ist-nicht-die-loesung.de. Telefonseelsorge 0800/1110111, 0800/1110222, www.telefonseelsorge.de. Emailberatung der Caritas: www.u25-berlin.de. Und: www.neuhland.net, Kontakt zu Selbsthilfegruppen von betroffenen Angehörigen übers Internet: berlin.agus-selbsthilfe.de

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