zum Hauptinhalt
Antje Menz in ihrem weihnachtlich dekorierten Café.

© Nina Breher

Kritik an Poller-Café in Berlin-Moabit: Jetzt spricht die Betreiberin

Antje Menz erntet aktuell Kritik: kinder- und behindertenfeindlich sei ihr Café. Sie sagt: Alle sind herzlich willkommen, nur für Kinderwagen sei kein Platz.

Es ist ein kühler Dezembernachmittag in der Jonasstraße in Moabit. Eltern holen ihre bunt eingepackten Kinder von Schule und Kita – zu Fuß oder mit dem Fahrrad. In der Arminus-Markthalle sitzen junge Leute und essen amerikanische Burger oder kanadische Pommesgerichte: Die Gentrifizierung hat längst auch Moabit erreicht.

Gegenüber von der Markthalle befindet sich ein Café, das zuletzt für Furore gesorgt hatte - zuerst in den sozialen Medien, dann in der Lokalpresse. Der Auslöser: zwei Metallstäbe, die seit knapp zwei Monaten den Zugang zum Café verengen. Kinderwagen und Rollstühle haben keine Chance mehr hineinzukommen.

Zahlreiche Nutzer bei Twitter hatten den Zugang als kinder- und behindertenfeindlich kritisiert und hinterließen schlechte Bewertungen auf mehreren Portalen. Am Mittwoch schaltete sich das Bezirksamt Mitte ein: Man wolle sich kümmern, hieß es.

Ein Besuch im Café mit dem eigenwilligen Namen „Natürlicher Lebensraum“. Der Eingang ist festlich dekoriert, und auch drinnen weihnachtet es: Tannen-Arrangements stehen auf den Tischen, ein kleiner, mit goldenen Christbaumkugeln beladener Weihnachtsbaum in einer Ecke.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Ruhe für älteres Publikum schaffen

Antje Menz betreibt das Moabiter Café seit fast sieben Jahren. Sie fühlt sich unverstanden: „Kinder sind toll – ich habe selbst welche –, aber unser Publikum ist eher älter und gediegen.“ Die Leute, die hier Kaffee trinken, würden Ruhe suchen. „Und als Betreiberin ist es einfach mein Ziel, den größtmöglichen Nutzen für meine Kunden zu erzielen.“

Menz erzählt, der Kiez habe sich verändert, analog zum Prenzlauer Berg, der - zumindest in der Wahrnehmung vieler Berliner - vom studentischen Künstler- zu einem kinderreichen Familienkiez mutierte. Einerseits sagt sie, ihr Publikum sei eher älter, und sie wolle sich dieses Publikum erhalten. Andererseits: „Kinder sind hier herzlich willkommen.“ Viele ihrer Kunden würden Nachwuchs mitbringen. Nur für Kinderwagen sei eben kein Platz.

„Kein Platz für Fahrgeräte“

Der Grund: Im Café sei es zu eng. Tatsächlich ist es hier am Donnerstagnachmittag proppenvoll. Viel Platz ist zwischen den Tischen nicht. Ältere Menschen trinken Kakao und unterhalten sich. Eine Mutter mit zwei Kindern kommt herein. Sie bestellt Kaffee und Kuchen zum Mitnehmen, unterhält sich fünf Minuten mit Betreiberin Menz, während die Kinder das Café erkunden.

Die Betreiberin hat nicht vor, die Poller entfernen zu lassen. Die Aufregung darum versteht sie nicht. „Kinder sind hier herzlich willkommen“, sagt sie.
Die Betreiberin hat nicht vor, die Poller entfernen zu lassen. Die Aufregung darum versteht sie nicht. „Kinder sind hier herzlich willkommen“, sagt sie.

© Nina Breher

„Kunden reagieren positiv“

Menz meint: „Wenn hier auch noch Kinderwagen rumstehen, kommen weder der Service noch andere Menschen durch. So ist mehr Platz für alle.“

Die Debatte, die ihre Poller ausgelöst haben, hat Menz überrascht. Viele ihrer Stammgäste würden diese Politik begrüßen. Und auch nachdem ihr Café in den sozialen Medien bekannt wurde, habe sie vor Ort überwiegend positives Feedback erhalten.

Bügel vor dem Café und Schlösser für Kinderwagen

Viele Kunden würden die Gefährte bereitwillig draußen anschließen, das Café stelle dafür auch Schlösser bereit. Bei Regen sei es kein Problem, sie im Hausflur abzustellen.

Aber ob Poller nicht doch eine radikale Maßnahme seien? Menz hält sie für notwendig. Sie sagt, nur so könne sie das Kinderwagen-Verbot durchsetzen, zuvor vor dem Café angebrachte Schilder hätten ihren Zweck nicht erfüllt. Immer wieder hatte sie Kunden bitten müssen, die Gefährte draußen zu lassen. „Ich und meine Mitarbeiter wurden immer wieder in Diskussionen verwickelt. Das war unangenehm für alle, auch für die Kunden.“

[In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Rollstühle sollen den Seiteneingang benutzen

Die Kritik, dass die Poller Rollstuhlfahrer behindern und somit diskriminieren, lässt sie nicht gelten: „Auch vorher ist niemand mit Rollstuhl durch die Tür gekommen.“ Die Café-Mitarbeiter würden Rollstuhlfahrer schon seit Jahren stets durch den Seiteneingang hereinlassen. Das sei noch nie ein Problem gewesen, sagt Menz.

„Die Poller erfüllen ihren Zweck“

Entfernen will Menz die Poller trotz der Aufregung der letzten Tage nicht: „Warum auch? Sie erfüllen ihren Zweck.“ Es sei eben eng im Café.

Fragt man Menz, ob sie Platz für Kinderwagen bereithalten würde, wenn sie mehr Platz zur Verfügung hätte, antwortet sie ehrlich: „Als Geschäftsfrau macht das keinen Sinn für mich. Ich muss Umsatz machen, und den mache ich mit Tischen, an denen die Leute sitzen und konsumieren.“

Zur Startseite