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Abgesperrt. Der Senat hat versprochen, mehr für Radwege zu tun.

© Doris Spiekermann-Klaas

Kritik an der Fahrradpolitik in Berlin: "Der Senat baut konsequent an der Autostadt"

Die Abgeordneten streiten über den Radverkehr – ein CDU-Mann hält das Thema nicht für relevant, die SPD hält die Radverkehrsstrategie des Senats eigentlich für erfolgreich.

Im Abgeordnetenhaus ging es am Donnerstag so ähnlich zu wie im Straßenverkehr, also ziemlich rau. „Fahrradverkehr in Berlin – null Punkte für den Senat“, hieß das Thema, das auf Antrag der Piratenfraktion debattiert wurde. Deren Verkehrspolitiker Andreas Baum begründete den Redebedarf damit, dass trotz vieler Konzepte „auf den Straßen nichts ankommt“: Erkenntnisse eines aufwändigen Online-Dialogs würden ignoriert, im bundesweiten Fahrradklimavergleich sei die Stadt zuletzt von Platz 24 auf 30 abgerutscht. Geld verfalle, elf von zwölf Bezirken hätten kein einschlägig qualifiziertes Persona.

Das seit Jahren geplante Radroutennetz sei erst zur Hälfte fertig, die angekündigten Modellprojekte würden gar nicht erst angepackt, die Infrastruktur provoziere Konflikte. „Kommen Sie mir nicht mit Kampfradlern“, mahnte Baum gleich zu Beginn und resümierte schließlich: „Die Fahrradpolitik des Senats ist ein alltägliches Ärgernis für hunderttausende Radfahrende in Berlin.“

CDU-Mann erklärt den Radverkehr für irrelevant

Die anderen kamen ihm dann auch nicht mit Kampfradlern, sondern mit höchst unterschiedlichen Wahrnehmungen des Themas. Oliver Friederici (CDU) erklärte es von vornherein für irrelevant: Die Wahl des Debattenthemas zeige, dass den Piraten „die wahren Sorgen und Nöte der Menschen völlig gleichgültig sind“. Eine Viertelstunde später betonte allerdings Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD), dass der Radverkehr in Berlin sich binnen zehn Jahren fast verdoppelt habe: 1,5 Millionen Wege täglich würden mittlerweile per Rad zurückgelegt, weitere 900000 wären dafür geeignet. Der Ausbau des Radverkehrs sei auch „ein wichtiger Baustein“ der klimaneutralen Stadt, die der Senat bis 2050 schaffen will, zumal er Platz spare, Lärm vermeide und sich mit relativ wenig Geld voranbringen lasse.

"Der Senat baut konsequent an der Autostadt"

Nach Geisels Rechnung kommen in diesem Jahr allein vom Land vier Euro pro Einwohner dem Radverkehr zugute. Die Situation sei also keineswegs so schlecht wie von der Opposition behauptet. 20 Kilometer neue und zehn Kilometer Sanierung von Radwegen seien noch für dieses Jahr geplant. Stefan Gelbhaar (Grüne) konterte, der Radverkehr nehme nicht wegen, sondern trotz der Senatspolitik zu: „Der Senat baut konsequent weiter an der Autostadt.“

Harald Wolf (Linke) merkte an: „Wir haben kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Finanzierungs-, Umsetzungs- und Kontrolldefizit.“ Weil die Verwaltung nicht hinterherkomme, würden selbst die „zu geringen Mittel“ teilweise verfallen. Und das, was getan werde, sei unzulänglich: Radfahrstreifen, die im Nichts enden oder vor Kreuzungen wieder auf den Gehweg geführt würden, wo die Radfahrer oft von Rechtsabbiegern geschnitten werden.

SPD: Radverkehrsstategie des Senats erfolgreich

Gelbhaar beschrieb dasselbe Problem mit der Aussage, die die Kontrollfrage für alle neuen Projekte müsse sein: „Würden Sie Ihr zehnjähriges Kind dort radfahren lassen?“ Darauf müsse man leider allzu oft mit Nein antworten. Während CDU-Mann Friederici zum Radverkehr neben Irrelevanz vor allem Helmtragen und Kennzeichenpflicht für Radfahrer einfiel, warnte sein SPD-Kollege Ole Kreins: Nach dem Fehler der autogerechten Stadt dürfe man jetzt nicht den Fehler machen, eine fahrradgerechte Stadt zu schaffen. Im Übrigen sei die Radverkehrsstrategie des Senats – von der unter Regie der SPD-geführten Verkehrsverwaltung bisher fast nichts umgesetzt worden ist – erfolgreich.

Lesen Sie hier, was Experten zu der von Friederici geforderten Kennzeichnungspflicht für Radler sagen.

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