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Der Sitz der „Deutsche Wohnen“ in Berlin

© dpa/Paul Zinken

Update

Kritik an Rot-Rot-Grün in Berlin: Deutsche Wohnen führt ab 1. Juli eigenen Mietendeckel ein

Der geplante Mietendeckel in Berlin bringe eher Chaos, sagt der Chef der Deutsche Wohnen. Er fordert einen „Wohngipfel“ beim Regierenden Bürgermeister.

Von Antje Sirleschtov

Knapp eine Woche nach dem Beschluss des Eckpunktepapiers des rot-rot-grünen Berliner Senats, mit dem die Anhebung der Mieten in der Hauptstadt für fünf Jahre untersagt werden soll, legt der Vorstandschef der Deutschen Wohnen ein eigenes, alternatives Konzept zu den Mietendeckel-Plänen vor. Darin sollen Mietsteigerungen einkommensabhängig geregelt und beim Neubau Quoten für die Vermietung an sozial Schwächere festgelegt werden.

In einer Erklärung, die dem Tagesspiegel vorab vorlag und die der Konzern am Samstag veröffentlichte (hier als PDF), kündigte die Deutsche Wohnen an, diese Regelungen ab dem 1. Juli für sich selbst und damit ihre eigenen Mieterinnen und Mieter einzuführen. Dies dürfte vor allem jene rund 50.000 Wohnungen betreffen, die der Deutschen Wohnen außerhalb Berlins gehören. Der Konzern habe sich zu einer Selbstverpflichtung entschieden, die „über die gesetzlichen Vorgaben hinausgeht“. Sie solle zunächst für eine Dauer von fünf Jahren gelten – sofern es nicht „weitere regulatorische Eingriffe in das Mietrecht“ geben wird.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) begrüßte die Entscheidung. „Sie verpflichtet sich zu sinnvollen und konkreten Maßnahmen für eine verantwortungsvollere Mietenpolitik“, sagte Müller am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Das sei nicht nur wichtig für Mieter mit niedrigerem Einkommen. „Es ist auch ein wichtiges Signal der Deutschen Wohnen in der wohnungs- und mietenpolitischen Diskussion vor dem Hintergrund berechtigter Sorgen der Berlinerinnen und Berliner.“

Deutsche-Wohnen-Vorstandschef kritisierte allerdings die rot-rot-grüne Koalition in der Hauptstadt. Ein Mietendeckel, wie er jetzt im Eckpunktepapier des Berliner Senats steht, sagte Michael Zahn dem Tagesspiegel, „bringt eher Chaos und sät Zwietracht“. Er glaube, dass es „noch andere Wege geben kann, die Mietentwicklung zu dämpfen“.

Zahn forderte Müller auf, alle Beteiligten am Wohnungsmarkt zu einem „Wohngipfel“ einzuladen und dort die Vorschläge von Vermietern, Mietervereinigungen und Politik neu zu diskutieren. Klar bekannte sich der Chef des börsennotierten Unternehmens zu Obergrenzen für die Belastung von Mietern. „Wenn jemand dreißig Prozent seines Einkommens für das Wohnen ausgibt, halte ich das für angemessen“, sagte Zahn. 

„Teilweise unanständige Preise“

Die Landesregierung der Hauptstadt aus SPD, Linkspartei und Grünen hatte am vergangenen Dienstag trotz der Kritik auch von städtischen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften den sogenannten Mietendeckel beschlossen. Das Gesetz soll Anfang 2020 in Kraft treten, aber rückwirkend gelten.

Die Deutsche Wohnen bewirtschaftet in Berlin rund 110.000 Wohnungen und gehört damit zu den größten Immobilienbesitzern der Stadt. Während Mietervereinigungen die Pläne des Senats als notwendigen Schritt zur Dämpfung der stark angestiegenen Mieten begrüßten, fürchten Vermieter Einnahmeverluste und fehlende Mittel für Neubau und Modernisierung. Zudem ist unklar, ob das geplante Gesetz juristisch anfechtbar.

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„Ich glaube, jedem wird langsam bewusst, wo die wirklichen Schäden liegen werden“, sagte Deutsche-Wohnen-Chef Zahn, betonte aber zugleich, dass auch er steigende Immobilienpreise und Mieten kritisch sehe. „Es gibt in Berlin zu wenige Wohnungen und es gibt Spekulationen, die zu teilweise unanständigen Preisen führen“, sagte er. Das könne „niemand bestreiten, auch ich nicht“.

„Solidarität“ im Gesetz verankern

Um diese Entwicklung zu begrenzen, schlägt Zahn vor, eine einkommensabhängige Mietsteigerung in einem Landesgesetz zu verankern. „Wir müssen die Diskussion ehrlich führen“, plädiert Zahn für ein „Solidarmodell“ von Vermietern, Mietern und Politik. Zwar gebe es viele Menschen, deren finanzielle Grenzen eng seien. „Es gibt viele, die genug verdienen, um sich Mietsteigerungen im Rahmen des Mietspiegels oder nach einer Modernisierung leisten können“. Wenn Besserverdienende von staatlichen Maßnahmen wie dem Mietendeckel des Senats profitierten, dann sei das aus seiner Sicht wenig sozial, sagte Zahn. Stattdessen solle „Solidarität in der Gesetzgebung“ verankert werden.

Die Vorschläge der Deutschen Wohnen, die der Konzern jetzt bereits als Selbstverpflichtung eingehen will, sehen konkret vor, bei Mieterhöhungen, Modernisierungsumlagen und Neuvermietung die individuelle Lebens- und Einkommenssituation der Mieter zu berücksichtigen. „Niemand soll mehr als 30 Prozent seines Nettoeinkommens für die Miete ausgeben müssen“, sagte Zahn. Übersteige eine Mieterhöhung im Rahmen des Mietspiegels diesen Betrag, solle er gedeckelt werden. Der Gesetzgeber solle festlegen, innerhalb welcher Einkommensgrenzen Vermieter eine Mieterhöhung umsetzen dürfen.

Im Bereich der Neuvermietung schlägt Zahn eine Quote vor. „Jeder Vermieter könnte gesetzlich verpflichtet werden, eine bestimmte Quote seiner neu zu vermietenden Wohnungen an Mieter zu vermieten, die Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben.“ Die Deutsche Wohnen sei bereit, jede vierte Wohnung an WBS-Berechtigte zu vermieten.

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