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Das Kino Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz

© Imago/Jürgen Ritter

Kritik nach Auftritten in Berlin: Kino Babylon gibt Verschwörungserzähler Daniele Ganser eine Bühne

Daniele Ganser bezeichnet sich selbst als Friedensforscher, verbreitet aber Verschwörungsmythen. Das traditionsreiche Kino Babylon will darin kein Problem sehen.

Stand:

Der Schweizer Historiker Daniele Ganser ist auf Friedensmission. So stellt er es in seinen Vorträgen dar, die auf der Videoplattform YouTube zu sehen sind.

Es sei nicht nötig, in internationalen Konflikten Stellung für eine Seite zu beziehen, erklärt er seinem Publikum. Man solle lieber antworten: „Ich bin für den Frieden. Beide gehören zur Menschheitsfamilie.“ Diesen Satz wiederholt er mehrere Male, die Zuhörer applaudieren.

Ganser bezeichnet sich selbst als Friedensforscher. Doch in seinen Vorträgen verbreitet er Verschwörungsmythen. Antisemitismusbeauftragte warnen vor ihm. Trotzdem konnte Ganser am 1. und am 2. Mai im Kino Babylon in Berlin-Mitte auftreten, das zum Teil mit öffentlichen Geldern finanziert wird. Beide Veranstaltungen waren ausverkauft.

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Nachbarschaft zeigt sich „entsetzt“

Die Auftritte sorgten für Kritik in der Nachbarschaft. „Wir sind entsetzt, dass das Kino Babylon einem Verschwörungsideologen wie Daniele Ganser eine Bühne bietet“, teilte das Bündnis Rosenthaler Vorstadt dem Tagesspiegel mit.

„Seine Thesen untergraben faktenbasierte Debatten und befeuern gefährliche Narrative, die unsere demokratische Gesellschaft spalten.“ Zum parteiübergreifenden Bündnis gehören unter anderem das Anne Frank Zentrum, jüdische, islamische und christliche Gemeinden, Vereine und Gewerbetreibende aus Mitte.

Am 1. Mai hatten zudem die „Omas gegen rechts“ zum Protest gegen Ganser gegenüber dem Kino Babylon auf dem Rosa-Luxemburg-Platz aufgerufen.

Daniele Ganser bei einem Vortrag in Dortmund im März 2023

© IMAGO/Panama Pictures

Gansers Bücher hunderttausendfach verkauft

Was Ganser bei seinem Vortrag „Ist Weltfrieden möglich?“ im Kino Babylon sagte, ist dem Tagesspiegel nicht bekannt. Andere Reden und Aussagen sind auf YouTube dokumentiert.

So sagte er etwa nach dem 7. Oktober 2023, Israel habe den Terrorangriff der Hamas absichtlich nicht gestoppt und „israelisches Blut vergießen lassen“, um danach „die Operationen im Gazastreifen durchführen zu können, die es wollte“. Ganser erwähnt zwar, dass dies nicht bewiesen sei, suggeriert aber, dass es so war.

Den Ukraine-Krieg nennt er einen Stellvertreterkrieg der USA. Er sei zudem der Meinung, die USA hätten die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 gesprengt. In der Vergangenheit verbreitete er Verschwörungsmythen zum Angriff auf Pearl Harbor, den 11. September und die Corona-Pandemie.

Damit bedient er ein zentrales Narrativ: In den Medien und von Regierungen würden die Menschen getäuscht. Von ihm erführen sie die Wahrheit. Das ist für Ganser lukrativ. Seine Bücher wurden hunderttausendfach verkauft, mit seinen Vorträgen füllt er Hallen und Säle.

Wie reagiert das Kino Babylon auf die Kritik?

Das Kino Babylon sieht im Auftritt Gansers kein Problem. Auf Anfrage des Tagesspiegels antwortete Geschäftsführer Timothy Grossman ausführlich, will aber keine einzelnen Zitate freigeben. Aus seinen Ausführungen geht klar hervor, dass er Gansers Vorträge gut findet.

Als kommunales Kino wird das Babylon von einer GmbH betrieben, aber mit 20 bis 25 Prozent des Budgets vom Land Berlin unterstützt.

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