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Berlin: Krumme Ideallinie

Gutachten der Grünen: 650 000 Menschen unnötig mit Fluglärm belastet

Die Berliner Grünen fordern eine Überarbeitung der strittigen Abflugrouten für den neuen Flughafen Berlin-Brandenburg (BER), die den Fluggesellschaften weniger Spielraum lässt. Dies sei ohne größeren finanziellen Mehraufwand für die Airlines möglich, sagte die verkehrspolitische Sprecherin der Abgeordnetenhausfraktion, Claudia Hämmerling. Die Abgeordnete bezeichnete die gegenwärtig diskutierten „Idealflugrouten“ als eine „Mogelpackung“. Da nur festgelegt sei, dass die Flugzeuge erst in einer Höhe von 5000 Fuß (1524 Meter) abdrehen dürfen, gebe es zu viele Variationsmöglichkeiten. Laut eines Positionspapiers der Partei würden rund 650 000 Menschen in den Bereichen Lichtenberg, Treptower Park und Neukölln sowie Zehlendorf/Lichterfelde unnötig mit Fluglärm belastet.

Analysiert haben die Grünen die von der Deutschen Flugsicherung zeitversetzt publizierten Flugbahnen der heute in Schönefeld startenden Maschinen. Diese weichen zum Teil erheblich von den Ideallinien ab. Besonders das unterschiedliche Steigverhalten führt zu erheblichen Differenzen. So erreichten bei Starts gen Osten und Flugziel im Westen manche Maschinen den Abdrehpunkt für die Linkskurve bereits nach elf, andere erst nach 20 Kilometern. Entsprechend differierte ihre Flughöhe über Lichtenberg/Karlshorst zwischen 2250 und 3450 Metern und über Neukölln zwischen 2900 und 3800 Metern. Die Grünen fordern die alternative Umfliegung von Müggelsee und Erkner mit einem verbindlichen Abdrehpunkt bei Gosen. Dann wären die Maschinen bei Erreichen des Stadtgebietes bereits deutlich höher.

Bei Starts in Richtung Westen erreichten fast alle Maschinen bereits vor Ludwigsfelde die Freigabehöhe von 1524 Metern und drehten dann nach Norden, Nordosten oder Osten ab. Dabei wurde Lichterfelde in Höhen ab 2430 Metern und Zehlendorf in Höhen ab 2630 Metern überflogen. Dürften alle Maschinen erst am Kontrollpunkt NOOST (Höhe Bahnhof Wannsee) ihre Nordkurve beginnen, würde lediglich dieser Ortsteil in 3000 bis 3800 Metern überflogen.

Bei 2000 Metern Flughöhe liegt der Schalldruck am Boden bei 63 Dezibel, bei 3000 Metern sind es noch 57. Bei 60 Dezibel sind Gehörschäden bei chronischer Einwirkung möglich, bei 70 steigt das Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Airlines nur um einige Euro zu sparen von den Ideallinien abweichen, sagt Claudia Hämmerling. „Die Ideallinien müssen modifiziert und dann verbindlich in die Praxis umgesetzt werden.“ Dies sei ohne eine nennenswerte Mehrbelastung der Airlines möglich. Nach einer Musterrechnung verlängert sich die die Strecke für einen Flug beispielsweise nach London um zwei bis 20 Kilometer. Bei einem angenommenen Preis von 240 Euro für den Hin- und Rückflug bedeutet das nach Rechnung der Grünen 24 Cent bis 2,40 Euro pro Passagier. Rainer W. During

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