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Vom Justizsenator für den Posten favorisiert: Margarete Koppers.

© Robert Schlesinger/dpa

Update

Künftige Generalstaatsanwältin: Justizsenator will Koppers vorschlagen

Es wird Klagen geben - doch das schreckt Berlins Justizsenator Behrendt nicht. Er will Margarete Koppers als Generalstaatsanwältin. Die CDU kritisiert "grüne Gutsherrenart"

Trotz drohender Konkurrentenklagen und langwierigen Prozessen will Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) dem Senat Vize-Polizeipräsidentin Margarete Koppers als künftige Generalstaatsanwältin vorschlagen. Einen entsprechenden Bericht der B.Z. bestätigte am Abend ein Sprecher des Senators.

"Es ist gut für Berlin, dass ein langes Auswahlverfahren nun zum Ende kommt", sagte der Sprecher. Justizsenator Behrendt habe dafür gesorgt, "dass das Verfahren rechtssicher ist". Sollte der Senat dem Vorschlag folgen, bekomme Berlin "eine unerschrockene und tatkräftige Generalstaatsanwältin". Koppers habe das in unterschiedlichen Positionen bereits unter Beweis gestellt und vielfältige Erfahrungen gesammelt. "Sie wäre die erste Frau in diesem Amt", sagte der Sprecher der Justizsenatsverwaltung dem Tagesspiegel.

Wie berichtet, muss sich Behrendt nun darauf einstellen, dass der Posten des Chefs der größten Staatsanwaltschaft der Bundesrepublik über Monate unbesetzt bleibt. Es wird fest damit gerechnet, dass die unterlegene Konkurrentin gegen die Entscheidung durch alle Instanzen klagt. In der Justiz werden der unterlegenen Konkurrentin deutliche Chancen eingeräumt. Grund sind mehrere Patzer im Besetzungsverfahren.

CDU kritisiert "grüne Gutsherrenart"

Florian Graf, der Vorsitzender der CDU-Fraktion, sprach am Sonnabend von einem weiteren Beispiel von "offener Missachtung des Parlaments in bester grüner Gutsherrenart". "Eine Kandidatin vorzuschlagen, die nie als Staatsanwältin gearbeitet hat und damit weder über die erforderliche Qualifikation verfügt noch über eine saubere Polizeiweste, zeugt von einer enormen Arroganz der Macht", sagte Graf.  

Weder im Rechtsausschuss noch in der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses habe es der Justizsenator für nötig befunden, seine Entscheidung darzulegen. Eine solch wichtige Entscheidung müsse mit größtmöglicher Transparenz getroffen werden – diese lasse der Justizsenator jedoch seit Monaten vermissen. Die CDU hofft auf eine Klage der Mitbewerberin, "um diese Fehlentscheidung gerichtlich überprüfen und stoppen zu lassen."

Auch die AfD forderte am Sonnabend ein völlig neues Ausschreibungsverfahren. Der rechtspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Marc Vallendar, kritisierte, dass Justizsenator Behrendt "halsstarrig an der Wunschkandidatin der Grünen festgehalten" habe. Bedauerlicherweise sei inzwischen viel wertvolle Zeit verloren gegangen.

Rother geht im August in Pension

Der bisherige Amtsinhaber, Generalstaatsanwalt Ralf Rother, kann im August in Pension gehen. Zuvor hatte er er bereits wegen des seit November 2015 dauernden Auswahlverfahrens mehrfach seine Dienstzeit verlängert und die Pension hinausgeschoben. Zuletzt hatte Behrendt mit Rother über eine weitere Verlängerung verhandelt, damit der Posten wegen der zu erwartenden Klagen nicht unbesetzt bleibt. Dem Vernehmen nach hatte Rother auch Bedingungen für eine Verlängerung gestellt - auch für seine Nachfolgerin.

In der Justiz wird Behrendts Vorgehen höchst kritisch gesehen. Die noch von Ex-Justizminister Thomas Heilmann (CDU) eingesetzte Auswahlkommission hatte die beiden Bewerberinnen nie befragen können, weil Koppers dauerkrank gemeldet war. Neben Koppers hatte es Susanne Hoffmann, Abteilungsleiterin im Brandenburger Justizministerium, in die Endauswahl geschafft. Sie hatte ihre Karriere in der Staatsanwaltschaft Berlin gestartet, war Vize-Generalstaatsanwältin in Brandenburg - und ihr wird Nähe zur CDU nachgesagt.

Die Staatsanwaltschaft favorisiert Susanne Hoffmann

Nach dem Amtsantritt des neuen rot-rot-grünen Senat im Dezember 2016 tauschte Behrendt die Auswahlkommission kurzerhand aus. Schon wenige Tage später fiel die Vorentscheidung zugunsten Koppers, die den Grünen nahe steht. Es ist kein Geheimnis, dass die Berliner Staatsanwaltschaft Hoffmann wegen ihrer Berufserfahrung favorisierte.

Wegen Verfahrensfehlern hatte sich in diesem Jahr die Entscheidung des Senators jedoch hinausgezögert. Die Senatsjustizverwaltung hatte vergessen, die Personalvertretung, den Gesamtstaatsanwaltsrat und die Gesamtfrauenvertretung anzuhören. Diese äußerten dann im Frühjahr massive Zweifel an der Entscheidung der von Behrendt eingesetzten Auswahlkommission. Zuletzt reichte die Gesamtfrauenvertretung sogar eine Eil-Klage wegen mangelnder Beteiligung beim Verwaltungsgericht ein, um Behrendt einen Vorschlag für den Senat zu untersagen. Diese Klage wurde nun abgewiesen.

Im Hintergrund lauert die Schießstandaffäre

Bei einer Entscheidung des Senats für Koppers drohen aber weitere Probleme. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit 2015 gegen Unbekannt wegen des Verdachts auf Gesundheitsgefährdung. Hintergrund ist die Schießstandaffäre. Unzählige Polizeibeamte hatten über Jahre in den Schießständen der Berliner Polizei giftige Dämpfe eingeatmet, einige sind tödlich erkrankt. Parallel haben Polizeibeamte vor einigen Wochen direkt gegen Koppers Anzeige erstattet. Bislang wurde noch der Anfangsverdacht geprüft. Sollte dieser bestätigt werden, müsste die Staatsanwaltschaft gegen ihre eigene Chefin ermitteln.

Genau das kritisiert die Berliner CDU: "Berlin braucht eine handlungsfähige und tatkräftige Behörde, deren erste Ermittlung nicht gegen die Generalstaatsanwältin gerichtet sein darf. Alleine aus diesem Grund ist Frau Koppers vollkommen ungeeignet, eine solche Position zu übernehmen.  

Die Partei des Justizsenators lobte die Entscheidung: "Behrendts Vorschlag ist eine ausgezeichnete Wahl", sagten teilten die Vorsitzenden der Grünen-Fraktion, Antje Kapek und Silke Gebel am Sonnabend mit. "Berlin kann sich glücklich schätzen, eine derart kompetente Frau für dieses Amt zu gewinnen." Behrendt habe im Gegensatz zu seinem Vorgänger von der CDU dafür gesorgt, dass das Verfahren rechtssicher ist und Rechtssicherheit sollte wohl das oberste Ziel aller demokratischen Parteien sein.

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