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Berlin: Kurbeln bis zum Sieg

Stefan Volkmann ist einer von 60 „Handbikern“ beim Marathon. Mit seinem Gefährt bringt er es auf bis zu 50 Kilometer pro Stunde

Wenn Stefan, der Handrad-Rennfahrer, voll aufdreht, hat Andrea, die Skaterin, keine Chance mehr. Nur beim Kurvenfahren ist sie ihrem Freund klar überlegen: „Der hat ’nen Wendekreis wie ein Lkw.“ Stefans Rennrad ist ziemlich unkonventionell gebaut. Es gleitet auf drei Rädern flach über dem Boden. Die Antriebswelle liegt ungefähr in Bauchhöhe. Statt Pedalen gibt es eine Handkurbel mit Griffen. „Handbike“ nennt sich das Gerät. Im vergangenen Jahr hatten die schnellen Handfahrräder ihre Premiere beim Berlin-Marathon. Diesmal sind 60 Biker am Start.

Das Handbike ist eine elegante Alternative zum klassischen Rennrollstuhl. Immer mehr Rollifahrer steigen aufs Handbike um, wenn ihre Behinderung es erlaubt. Stefan Volkmann ist vom ersten Lendenwirbel abwärts gelähmt. Er kann seine Beine aber noch etwas bewegen. Mit seinem Handbike hat er in zwei Jahren mehr als 20 Marathon-Wettbewerbe bestritten. Für einen Läufer wäre das kaum zu schaffen.

Der Weltrekord im Handbiking liegt bei einer Stunde und acht Minuten. Eigentlich ist die Marathonstrecke für Handbiker zu kurz. Ihre Sportart ist vergleichbar mit klassischen Radrennen. Auf der Strecke wird in Teams gefahren, um Kräfte zu schonen und den Windschatten auszunutzen. In der Führung wechseln sich die Fahrer ab. Erst ein paar Kilometer vor dem Ziel fallen die Teams auseinander, und jeder greift als Einzelfahrer an.

In der Startphase, wenn es um günstige Positionen im Feld geht, kommen Handbiker auf eine Geschwindigkeit von 50 Kilometer pro Stunde. Später werden sie deutlich langsamer. Stefan Volkmann hat seinen Durchhänger meist bei Kilometer 20. „Dann muss ich mich wieder rankämpfen.“ Den Berliner Halbmarathon hat er schon gewonnen, und den Marathonlauf von Ravenna. Wenn die Weltbesten mitfahren, hat er jedoch keine Chance. Zum Beispiel gegen den Österreicher Hans Meierhofer. „Der ist beinamputiert. Das ist ein Gewichtsvorteil von 25 Kilo.“ Zudem können viele Konkurrenten wegen ihrer Behinderung nicht arbeiten gehen – und trainieren dafür ständig. Stefan Volkmann hat dagegen zwei Jobs: als Reaktortechniker beim Hahn- Meitner-Institut und als Vertriebsbeauftragter für eine Rollstuhlfirma.

Stefan Volkmann fährt den „Speedy Laser II“, hergestellt von einer Firma aus Delbrück. Der Rahmen ist aus Aluminium; elf Kilo wiegt das Gerät. Die Handgriffe hat sich Stefan selbst gebastelt. Die Kurbel mit den Griffen ist das sensibelste Bauteil.

Wenn Stefan Volkmann im Grunewald trainiert, zieht er erstaunte Blicke auf sich. Auch viele Nicht-Behinderte zeigten Interesse an einem Handbike, sagt Stefan, aber spätestens beim Preis höre das Nachfragen auf. Mindestens 3500 Euro muss man in ein Handfahrrad investieren.

Für Stefan ist das Handbike aber das ideale Sportgerät. „Ich habe immer die Jogger bewundert, die einfach loslaufen können.“ Rolli-Basketball hat er schon gespielt, Badminton, Rudern, Paddeln – „ich habe fast alles ausprobiert“. Übrig geblieben sind nur das Handbiking und der „Rollstuhltanz“ – zusammen mit seiner Freundin.

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