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"Keine Macht dem Erwowahn" - unter diesem Motto demonstrierten die Piraten mit ihrem Landesvorsitzenden Bruno Kramm bereits vor drei Wochen - am gestrigen Freitag gab es deswegen Ärger.

© Paul Zinken/dpa

"Kurden treten, Christen hauen": Polizei ermittelt gegen Piraten wegen Böhmermann-Zitat

Der Berliner Piraten-Vorsitzende Bruno Kramm zitierte vier Worte aus Jan Böhmermanns "Schmähgedicht" - nicht zum ersten Mal. Deswegen wird nun strafrechtlich gegen ihn ermittelt.

Wie passend: Am Freitag demonstrierten Mitglieder und Unterstützer der Berliner Piratenpartei ein weiteres Mal für die Meinungsfreiheit und gegen Zensur in der Türkei - und fielen am Schluss selbst einer Beschränkung der Meinungsfreiheit in Berlin zum Opfer. Und das nicht zum ersten Mal.

Nach Angaben der Pressestelle der Partei hatten die Piraten Berlin zu der Protestkundgebung vor dem Bundeskanzleramt und einem anschließenden "Trauermarsch" zur türkischen Botschaft aufgerufen. Der stand unter dem Motto "Keine Macht dem Erdowahn - Freiheit statt Zensurwahn", wie bereits mehrere ähnliche Veranstaltungen in den vergangenen Wochen. Damit wollte man "auf die ständigen Zensurversuche und Eingriffe in die europäische Presse-, Meinungs- und Kunstfreiheit des türkischen Präsidenten Erdogan hinweisen und die unmenschlichen Folgen für die syrischen Flüchtlinge durch den EU-Türkei-Flüchtlingsdeal thematisieren", so die Partei.

Nach dem "Trauermarsch" mit zugeklebten Mündern durch den Tiergarten zur Botschaft versammelte man sich vor einem "temporären Mahnmal" in Form einer stählernen Friedenstaube, die sich von einem von Stacheldraht umgrenzten Mauerstück erhebt. Den Veranstaltern zufolge legten die Teilnehmer dort Blumen und Grablichter für die getöteten syrischen Flüchtlinge und kurdischen Familien ab. Dabei, so die Piratenpartei, trug Bruno Kramm, der Vorsitzende der Piraten Berlin, wie bereits bei früheren Kundgebungen ein kurzes Gedicht vor, das auch die Wörter der Zeile "Kurden treten, Christen hauen" des "Schmähgedichtes" von ZDFneo-Moderator Jan Böhmermann "in verschiedenen Variationen rekombinierte".

Verwaltungsgericht hatte öffentliche Zitate vor Botschaft untersagt

Deswegen wird nun wegen des Verstoßes gegen Demonstrationsauflagen gegen den Landesvorsitzenden ermittelt, wie eine Polizeisprecherin am Sonnabend bestätigte. "Die Auflage, auch kleinste Teile des Gedichtes nicht vor der türkischen Botschaft vorzutragen, wurde vor der Veranstaltung auf alle öffentlichen Räume erweitert", teilen die Piraten mit. Die Polizeisprecherin bestätigte, dass es für die Veranstaltung entsprechende Auflagen gab, die die kontroversen Zitate betreffen.

Das basiert auf einem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, das vor zwei Wochen entschieden hatte, dass bei einer Demonstration vor der türkischen Botschaft nicht aus dem "Schmähgedicht" vorgelesen werden darf - auch weil bislang unklar sei, ob es sich dabei um eine Straftat handele. Gegen Böhmermann sind deswegen bereits Hunderte Strafanzeigen eingegangen.

"Erdogan hat in Berlin durch das Verwaltungsgerichtsurteil erreicht, was er im eigenen Land seit Jahren erfolgreich betreibt", kritisierten die Piraten. "Er schüchtert Menschen mit Verboten und juristischem Vorgehen ein und unterbindet jede Kritik und sogar die Nennung von Fakten im Keim." Der Satz "Kurden treten, Christen hauen" sei "eine einfache Beschreibung der Situation der Kurden und Christen in der Türkei, deren Nennung mittlerweile strafrechtliche Ermittlungen nach sich zieht". Für die Piraten "ein Beleg für den Dammbruch von Zensur und des Grundrechts auf Meinungsfreiheit".

Piraten-Chef Kramm kündigt an, auch in den kommenden Wochen jeden Freitag zu demonstrieren "und trotz Auflagen und Verboten die Wahrheiten vor der türkischen Botschaft auszusprechen".

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