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Berlin: Kurth: Berliner CDU fehlen die Inhalte

Pankows Kreischef und Ex-Finanzsenator vermisst Schwerpunkte Generalsekretär Henkel: „Nach der Sommerpause muss ein Aufbruch kommen“

„Berlin kann mehr“. So lautete der Titel des CDU-Programms für die Abgeordnetenhauswahl 2006. Dass Berlin mehr kann, davon ist Peter Kurth, Ex-Finanzsenator und CDU-Kreischef in Pankow, überzeugt. Ob auch seine Partei mehr kann als 20 Prozent, da hat er seine Zweifel. „Es muss sich etwas ändern. Wir treten auf der Stelle. Die Partei setzt in der inhaltlichen Arbeit keine Schwerpunkte“, sagt Kurth. Die Partei überlasse die inhaltliche Arbeit den einzelnen Abgeordneten. „Aber die können sich abstrampeln wie sie wollen, wenn die Partei die Schwerpunkte nicht aufgreift, wird ihre Arbeit in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen.“ Statt über Inhalte werde in der Partei zu viel über Personen diskutiert. „Aber zuerst muss das Programm her, dann können wir uns Gedanken machen, wer was besetzt.“

Die Berliner CDU müsse die Themen Schule, Integration und Wirtschaft zu ihren Schwerpunkten machen, fordert Kurth. In diesen Bereichen versage der rot-rote Senat „in weiten Teilen“. Beispiel Integration: Jedes zweite Kind kommt in Berlin mittlerweile aus einer Migrantenfamilie. „Das haben wir als großes Thema noch gar nicht erkannt.“ Nicht zuletzt seien die vielen Migranten der Mittelschicht potenzielle CDU-Wähler. Boris Johnson wäre ohne die Stimmen der Migranten nie Bürgermeister von London geworden.“ Den Zuwanderern werde zu wenig vermittelt, dass sie hier willkommen sind, auch sei die Gesellschaft nicht durchlässig genug. Jedem begabten Kind müsse sofort der Zugang zu Eliteschulen ermöglicht werden. „Und nicht erst in der dritten Generation.“

Auch bei dem Versuch, im Ostteil der Stadt zu punkten, versage die CDU, so Kurth. Es müssten dringend „neue Formen von Kampagnen“ her. „In Prenzlauer Berg leben viele Familien, die unsere Werte teilen, wieso erreichen wir die nicht?“ In Pankow habe er in den vergangenen eineinhalb Jahren immerhin 150 Mitglieder gewonnen, indem sich die Partei auf einzelne Schwerpunkte und Stimmbezirke konzentriert habe. Rückzug aus der Fläche, Konzentration aufs Wesentliche, das empfiehlt Kurth auch insgesamt für den Aufbau Ost.

Der 48-Jährige war von 1999 bis 2001 Finanzsenator und gilt als liberaler Gegenspieler des konservativen Landesvorsitzenden Ingo Schmitt. Letzterer war für eine Stellungnahme gestern nicht zu erreichen. Generalsekretär Frank Henkel betont, dass er „eine andere Wahrnehmung als Kurth“ habe. Die Berliner CDU setze sehr wohl Schwerpunkte, und zwar in den Bereichen Arbeit, Bildung und Sicherheit. „Da sind wir nicht so schlecht wie die öffentliche Wahrnehmung.“ Die Abgeordneten würden sich zu allen wichtigen Themen äußern, außerdem hätten Partei und Fraktion gerade eine Kommission eingerichtet, die ein bildungspolitisches Programm erarbeiten soll. Gleichzeitig mahnt aber auch Henkel: „Jetzt nach der Sommerpause muss es zu einem inhaltlichen Aufbruch kommen.“

Fraktionschef Friedbert Pflüger teile seine Analyse voll und ganz, sagt Peter Kurth. Öffentlich wollte Pflüger gestern aber nur klarstellen, dass er sich nicht angegriffen fühle und dass sich die Kritik auf den Landesverband beziehe. „Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.“ Claudia Keller

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