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Berlin: Kyrills Nachwehen

Vor einem Jahr stürzte bei Sturm ein Stahlträger vom Hauptbahnhof. Gutachter ermitteln weiter. Der Bau beschäftigt die Richter

Daran mag sich die Bahn überhaupt nicht erinnern. Vor knapp einem Jahr, am 18. Januar kurz vor Mitternacht, stürzte während des Sturmes Kyrill ein Träger am neuen Hauptbahnhof gut 40 Meter in die Tiefe. Bei Böen, die Windstärke zwölf erreichten, hatten sich vor dem Bahnhof keine Menschen aufgehalten. Es wurde niemand verletzt. Ein Jahr danach steht noch immer nicht fest, wie es zum Absturz kommen konnte. Die Gutachter ermitteln weiter. Das so genannte Beweissicherungsverfahren vor Gericht läuft weiter. Sturmsicher wurde der Bahnhof nach Angaben der Bahn schon kurz nach dem Unglück.

Der Absturz hatte zu einer heftigen Kontroverse der Bahn mit dem Architekten des Hauptbahnhofs, Meinhard von Gerkan, geführt. Vor Gericht endete der Zwist vorerst mit einem Sieg der Bahn. Gerkan darf nach einem Spruch des Landgerichts vom Mai 2007 seither nicht mehr behaupten, unter Regie der Bahn AG seien von ihm ursprünglich vorgesehene Befestigungen an einem Teil der Träger weggelassen worden. Diese Träger waren in die Konstruktion nur eingehängt, weil sie keine tragende Funktion haben. Die Bahn hatte befürchtet, dass bei der zunächst vorgesehenen Befestigung im Winter Regenwasser zu einer starken Eisbildung führen könnte. Unmittelbar nach dem Absturz ließ die Bahn die nur lose verankerten Träger dann doch sichern. Bis zum Abschluss der Arbeiten blieb der Hauptbahnhof, den die Bahn gerne als den modernsten der Welt bezeichnet, geschlossen. Kurz vor dem Absturz hatte Gerkan noch eine Klage gegen das Unternehmen gewonnen. Ende November 2006 hatte das Landgericht entschieden, dass die Bahn die von ihr eingebaute Flachdecke im Untergeschoss entfernen und durch die vom Architekten vorgesehene Gewölbekonstruktion ersetzen muss. Die Bahn hatte eigenmächtig die Pläne geändert, um Geld und Zeit zu sparen. Das Berufungsverfahren ist nicht entschieden.

Offen ist auch, ob die Bahn das Glasdach über den Gleisen der Stadtbahn auf die Länge bringen muss, die Gerkan ursprünglich vorgesehen hatte. Es war auf Geheiß von Bahnchef Hartmut Mehdorn – und widerwillig von Gerkan akzeptiert – um rund 100 Meter auf 321 Meter verkürzt worden. Auch hier wollte die Bahn sparen. Derzeit lässt das Bundesverkehrsministerium prüfen, ob das Dach nachträglich verlängert werden kann. Der Bundestag hatte das Ministerium zu dem Schritt aufgefordert – vor fast einem Jahr.

Und auch sonst wird um den Bau weiter gestritten – nichts Ungewöhnliches bei einem Projekt, das 1,2 Milliarden Euro gekostet hat. Dabei geht es um nachträgliche Forderungen der am Bau beteiligten Firmen. Eine Summe wollte ein Bahnsprecher nicht nennen. Klaus Kurpjuweit

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