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Berlin: "La Belle"-Anschlag: Prozess nähert sich dem Ende

Mehr als 15 Jahre ist es her, doch die Bilder kommen immer wieder. Vor allem nachts.

Mehr als 15 Jahre ist es her, doch die Bilder kommen immer wieder. Vor allem nachts. Viele Opfer des Anschlags auf die Diskothek "La Belle" haben im Saal 700 des Berliner Landgerichts von ihren Schmerzen, Ängsten und Albträumen berichtet. Oft unter Tränen. Nun können sie hoffen, dass es bald eine Antwort auf die Frage gibt, wer dafür verantwortlich ist. Aus Sicht des Gerichts könnte die Beweisaufnahme in der kommenden Woche geschlossen werden. Das kündigte Richter Peter Marhofer nach fast vierjähriger Verhandlung an.

Drei Menschen starben und mehr als 200 Personen wurden zum Teil schwer verletzt, als am 5. April 1986 um 1 Uhr 50 in der vor allem bei US-Amerikanern beliebten Diskothek "La Belle" in Friedenau eine Bombe detonierte. Fast allen Besuchern platzten die Trommelfelle. Dutzende leiden noch heute an den Folgen, die die Explosion von mehr als 2 Kilogramm Plastiksprengstoff, mit Eisenteilen durchsetzt, verursachte.

Als mutmaßliche Beteiligte des Attentats müssen sich seit 270 Verhandlungstagen der Libyer Musbah Abulghasem Eter, die Palästinenser Ali Chanaa und Jasser Chraidi sowie zwei deutsche Schwestern wegen Mordes und Beihilfe zum Mord verantworten. Drahtzieher des Anschlags war nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft der libysche Geheimdienst. Er habe sich damit an den USA rächen wollen. Weil die US-Marine zwei libysche Kriegsschiffe bei einem Seegefecht im Mittelmeer versenkt hatte.

Die Explosion in Berlin hatte international zu schweren politischen Belastungen geführt. Die USA machten unmittelbar nach dem Anschlag Libyen für das Attentat verantwortlich und bombardierten die libysche Hafenstadt Bengasi und den Palast von Staatschef Gaddafi in Tripolis.

Dass die fünf Angeklagten in unterschiedlicher Tatbeteiligung in das Attentat verstrickt waren, scheint sicher. Eter hatte das bereits 1995 gestanden, galt zu Prozessbeginn im November 1997 als Kronzeuge. Vor Gericht aber widerrief er seine Angaben gegenüber Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis. Es dauerte dann zweieinhalb Jahre, bis wieder Bewegung in das Verfahren kam. Ali Chanaa brach sein Schweigen. Er sprach von einem libyschen Vergeltungsakt, in den er "ungewollt" und nur am Rande hineingezogen worden sei. Fünf Monate nach der Aussage von Chanaa erneuerte Eter sein Geständnis. Allerdings will auch er nur einen geringen Tatbeitrag geleistet haben. Er habe lediglich einen Zettel mit einer Anleitung zum Einbau des Zünders in die Bombe in die Wohnung von Chanaa gebracht, sagte Eter.

Insgesamt 169 Zeugen wurden bislang im La-Belle-Prozess befragt, darunter über 100 Opfer des Anschlages, die als Nebenkläger am Verfahren beteiligt sind. Doch im Dunkeln liegt weiterhin die Rolle der westlichen Geheimdienste. Vor dem Attentat soll es Informationen gegeben haben, nach denen Libyer einen Anschlag auf amerikanische Einrichtungen in West-Berlin planten. Anwälte aus dem La-Belle-Verfahren kritisierten, der Bundesnachrichtendienst und amerikanische Stellen hätten sich weitgehend geweigert, an der Aufklärung mitzuwirken.

Am Dienstag wollen die Richter die Beweisaufnahme schließen. Die Plädoyers werden voraussichtlich mehrere Wochen kosten. Erst nach dem Urteil kann über Entschädigungen für die Opfer entschieden werden.

Kerstin Gehrke

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