zum Hauptinhalt

Berlin: "La-Belle-Prozess": Prozess um Gaddafis Bombe geht ins vierte Jahr

Die Anwälte im Saal 700 des Berliner Landgerichts sind zu alten Bekannten geworden. 227 Verhandlungstage haben die Juristen hinter sich gebracht.

Die Anwälte im Saal 700 des Berliner Landgerichts sind zu alten Bekannten geworden. 227 Verhandlungstage haben die Juristen hinter sich gebracht. Zwölf von ihnen im Dienste der Angeklagten, siebenundzwanzig vertreten die rund 100 Opfer. Am heutigen Sonnabend geht der La-Belle-Prozess in sein viertes Jahr. Ein Ende des Mammut-Verfahrens ist nicht in Sicht. "Mit viel Glück könnten wir es im nächsten Jahr schaffen", sagt Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis.

Drei Menschen starben und rund 250 wurden zum Teil schwer verletzt, als am 5. April 1986 in der vor allem bei Amerikanern beliebten Diskothek "La Belle" eine Bombe detonierte. Fast allen Besuchern platzten die Trommelfelle. Dutzende leiden noch heute - fast 15 Jahre später - an den Folgen, die die Explosion von drei Kilogramm Plastiksprengstoff, mit Eisenteilen durchsetzt, verursachte.

Am 18. November 1997 begann der Prozess unter strengen Sicherheitsmaßnahmen. Die fünf Angeklagten haben nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft die Tat im Auftrag des libyschen Geheimdienstes verübt. Ihnen sei ein Anschlag befohlen worden, "bei dem möglichst viele Militärangehörige der Vereinigten Staaten getötet werden sollen", heißt es in der Anklageschrift.

Über Monate hatte sich die Verhandlung dahingeschleppt, bis im vergangenen April einer der Angeklagten, Ali Chanaa, sein Schweigen brach und ein Teilgeständnis ablegte. Der 41-Jährige bestätigte die Version des Anklägers, dass das Attentat ein libyscher Vergeltungsschlag gegen die USA gewesen sei. Im September zeigte sich dann auch der Libyer Musbah Abdulgasem Eter geständig. "Das letzte Jahr hat gezeigt, das Libyen der Auftraggeber des Attentats war", sagt Rechtsanwalt Hajo Ehrig, dessen Kanzlei 15 Nebenkläger vertritt.

Staatsanwalt Mehlis ist vor kurzem aus Libyen zurückgekehrt, wo er mehrere Zeugen, von denen einige auch der Mittäterschaft verdächtigt werden, vernommen hat. Libyen hatte einem Rechtshilfeersuchen des Gerichts stattgegeben. "Interessant" sei die Reise gewesen, sagt Mehlis knapp. Bislang hat er weder dem Gericht noch den Opfern von den Ergebnissen seiner Reise berichten können. Mit der Verlesung der Vernehmungsprotokolle ist erst in einigen Wochen zu rechnen: Derzeit liegen die Akten noch in Tripolis, sie sollen über das Auswärtige Amt ihren Weg in den Gerichtssaal finden. Offenbar schließt Mehlis eine weitere Reise nach Tripolis nicht aus. "Libyen ist gefordert, den angekündigten Beitrag zur Auflösung zu leisten", sagt er.

Der Anschlag auf die Diskothek hatte 1986 zu schweren politischen Belastungen geführt. Wenige Tage später flogen die Amerikaner einen Vergeltungsangriff auf Tripolis und Benghazi. Libyen reagierte erneut mit Terror.

Schon zu Beginn des Verfahrens rechneten Prozessbeteiligte mit fünf bis sechs Jahren Verhandlungsdauer. Für das Land Berlin nicht zuletzt eine finanzielle Belastung: Zu den zehn Pflichtverteidigern der Angeklagten kommen noch die Anwälte der Opfer, die - wenn sie denn anwesend sind - für jeden Verhandlungstag knapp 1000 Mark erhalten. Die vier bis sechs Dolmetscher im Saal bekommen 110 Mark pro Stunde. Gutachten müssen erstellt, Zeugen aus aller Welt eingeflogen werden. Schon jetzt kostete das Verfahren einen mehrstelligen Millionenbetrag.

Zur Startseite