zum Hauptinhalt
Tropenhaus ist bereits saniert, das Victoria-Haus in Arbeit (oben). Das Mittelmeerhaus mit seinen beiden Türmchen dagegen ist marode, der Fensterkitt bröckelt, die Konstruktion rostet.

© Thilo Rückeis

Lack blättert ab, Rost macht sich breit: Der Botanische Garten ist eine Millionen-Baustelle

Undichte Fassaden und eindringendes Regenwasser: Nach dem Großen Tropenhaus und dem Victoria-Haus brauchen nun auch das Mittelmeerhaus und die anderen Bauten des Botanischen Gartens Millionen für dringende Sanierungsarbeiten.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Hier wächst der Drachenbaum. Vögel zwitschern, Bienen summen, während draußen in milder, dunstiger Herbstluft die ersten Blätter fallen. Nur wenige Spaziergänger finden an diesem Sonntag, an dem das Wetter nicht so recht weiß, was es machen soll, ins Mittelmeerhaus im Botanischen Garten. „Ick gloobe, ick habe da een Gecko jesehen“, spricht eine Frau ins Handy. Mag sein, denn üppiges Grün und große Steine bieten gute Verstecke, überall verströmen kleine und große Blüten würzige Düfte. Im hinteren Teil des Glashauses gedeihen die düsteren Baumfarne. Ein Kind mit Fantasie wird zwischen den gewaltigen Stämmen nach kleinen, flinken Dinos Ausschau halten.

Seit 110 Jahren beherbergt das Mittelmeerhaus die mediterrane Fauna. Es steht allein, mit etwas Abstand zum Ensemble der vielen Gewächshäuser, die sich um das Große Tropenhaus scharen, das vor ein paar Jahren saniert worden ist. Der gläserne Bau wirkt streng, fast wie ein Kirchenschiff, mit zwei Türmchen, die den Eingang bewachen. Die mächtige Stahl- und Holzkonstruktion leistet sich hier und da verspielte Formen, Elemente des Jugendstils. Es ist das erste Gewächshaus, das im Botanischen Garten am Rand von Berlin-Dahlem entstand. Auf einem flachen Hügel. Von weitem gut sichtbar und schön anzusehen.

Aber so ist es, wenn man älter wird. Der Lack blättert ab. Und so ein Gewächshaus muss außen dem mitteleuropäischen und innen dem mittelmeerischen Klima trotzen. Die großen Fenster sind verzogen, an vielen Stellen ist der Kitt abgesprungen und die ehemals weißen Sonnenblenden haben Moos angesetzt, wenn nicht sogar Schimmel. Heizkörper verrotten, gut versteckt hinter Palmenblättern, von denen das Wasser tropft. Aber das Schlimmste ist sicher der Rost, der sich unaufhaltsam durch die stählernen Pfeiler und Querstreben frisst.

Baustelle Botanischer Garten: Millionen wären nötig, um die maroden Gebäude zu sanieren.
Baustelle Botanischer Garten: Millionen wären nötig, um die maroden Gebäude zu sanieren.

© Thilo Rückeis

Bericht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung spricht deutliche Sprache

Den Besuchern, die das subtropische Flair im Südwesten der Stadt genießen, fällt das wohl selten auf. Wahrscheinlich würden sie es erst dann merken, wenn das Mittelmeerhaus aus Sicherheitsgründen gesperrt werden müsste. So weit ist es zwar noch nicht. Aber ein aktueller Bericht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung spricht eine deutliche Sprache: „Aus baufachlicher Sicht besteht weiterhin Sanierungsbedarf innerhalb des denkmalgeschützten Ensembles der Schaugewächshäuser aus der Entstehungszeit des Botanischen Gartens.“ An erster Stelle sei hier das Mittelmeerhaus zu benennen. „Insbesondere die Stahlrahmenkonstruktion der Fassade ist in höchstem Maße korridiert.“

Aber das ist nicht alles. Denn auch die Häuser, die rechts und links aus dem Großen Tropenhaus wachsen, dann um 90 Grad abknicken und jeweils nach vorn Richtung Haupteingang führen, sind instandsetzungsbedürftig. Auch hier sei die „Herrichtung der baulichen Substanz“ vonnöten, um das tropische Klima und gute Lichtverhältnisse gewährleisten zu können, die die Pflanzen brauchen. Unter anderem die Orchideen und fleischfressenden Gewächse. Bei allen betroffenen Gewächshäusern sei das „Energieeinsparpotenzial als erheblich eingestuft“, sagen die Experten. Und längst werde die Undichtigkeit der Fassaden durch das eindringende Regenwasser deutlich sichtbar.

Kosten schätzen und Prioritäten setzen

Die Bauverwaltung will nun erst einmal auflisten, welche Investitionsmaßnahmen nötig sind, um nachhaltig Abhilfe zu schaffen. Dann werden die Kosten geschätzt, Prioritäten gesetzt und die Sanierungsvorhaben zur Investitionsplanung 2015 bis 2019 angemeldet. Gut Ding will Weile haben, das ist in solchen Fällen immer so. Viele Jahre hatte es gedauert, bis der Senat und die Haushälter des Abgeordnetenhauses rund 10 Millionen Euro für die Sanierung des Victoria-Hauses mit den attraktiven Riesen-Seerosen, für das Wärmenetz und die statische Ertüchtigung von zwei weiteren Gewächshäusern freigaben, die ansonsten zusammengebrochen wären.

Noch hält ein Bauzaun die Besucher auf Abstand, im Mai 2015 wird das Victoria-Haus wieder geöffnet. Vorher schon war das Große Tropenhaus für 16 Millionen Euro grundsaniert worden. Seit mindestens fünf Jahren ist den Finanzpolitikern im Landesparlament bekannt, dass auch die übrigen Schauhäuser runderneuert werden müssen. Aber die notwendigen Mittel werden nur zögernd und häppchenweise zur Verfügung gestellt. Der Botanische Garten kennt es nicht anders. Schon 1718 gab der preußische König Friedrich Wilhelm I. den damals „Hof- und Küchengarten“ genannten Vorläufer an die Societät der Wissenschaften ab – weil der Unterhalt ihm zu teuer wurde.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false