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Berlin: Ladenschlussgesetz: Die Revolution fällt aus

Ein "Chaos" beim Ladenschluss befürchtete die Gewerkschaft HBV, und die DAG drohte sogar mit Klagen vor dem Verwaltungsgericht. Die Unruhe unter Gegnern des Sonntags- und Spätverkaufs war groß, als die Zuständigkeit für Sondergenehmigungen anlässlich von Straßenfesten zum Jahreswechsel auf die Bezirke überging.

Ein "Chaos" beim Ladenschluss befürchtete die Gewerkschaft HBV, und die DAG drohte sogar mit Klagen vor dem Verwaltungsgericht. Die Unruhe unter Gegnern des Sonntags- und Spätverkaufs war groß, als die Zuständigkeit für Sondergenehmigungen anlässlich von Straßenfesten zum Jahreswechsel auf die Bezirke überging. Doch nur in engen Grenzen wollen die Wirtschaftsstadträte die alte Praxis des Landesamts für Arbeitsschutz lockern.

Zurückhaltender als früher zeigt sich der Wirtschaftsstadtrat von Mitte, Dirk Lamprecht (CDU). Als Tiergartener Stadtrat hatte er kritisiert, das Landesamt nutze seinen Spielraum nicht aus. Besonders für den Potsdamer Platz seien "individuelle Lösungen nötig". Nun will sich Lamprecht aber "erst einmal an den Konsens halten". Niemand wolle, "dass die Situation eskaliert".

In Berlin gibt es verkaufsoffene Sonntage für alle Händler, die der Senat zu Anlässen wie der Grünen Woche festlegt. Außerdem dürfen Läden bei Straßenfesten einmal jährlich am Sonntag verkaufen und an vier Sonnabenden länger öffnen. Wenn sie aber zum zweiten Mal ein sonntägliches Fest zum Anlass nehmen wollen, muss es überregionale Bedeutung haben.

Zum Eklat kam es beim Reichsstraßenfest in Westend. Es findet zweimal jährlich statt. Doch im Herbst wurde der Sonntagsverkauf untersagt, überregionale Bedeutung sah die Senatsbehörde trotz 200 000 Gästen nicht. Charlottenburgs CDU-Fraktionschef Klaus-Dieter Gröhler sprach von "Ämterdickschädeligkeit". Nun ist er als Wirtschaftsstadtrat in Charlottenburg-Wilmersdorf selbst zuständig und will, "soweit rechtlich möglich", zwei Genehmigungen erteilen. "Völlige Beliebigkeit" bei Erlaubnissen lehnt er aber ab.

Spandaus Bürgermeister Konrad Birkholz (CDU) sieht kaum Veränderungsbedarf. Die Läden hätten über die vom Senat freigegebenen Sonntage hinaus immer nur eine Erlaubnis gewünscht. Verärgert seien Altstadt-Händler aber darüber, dass sie ihre Türen beim Weihnachtsmarkt nicht sonntags öffnen dürfen (das Gesetz schließt dies für die Adventszeit generell aus). Hier will der Rathaus-Chef, der auch das Wirtschaftsressort leitet, "den Ermessensspielraum prüfen". Neuköllns Bürgermeister und Wirtschaftsdezernent Bodo Manegold (CDU) erwartet "keine größeren Probleme" mit Händlern. In der Hermannstraße gebe es zweimal jährlich große Feste, aber: "Der Blumencorso findet im Norden, die Oktober-Fete im südlichen Teil statt." Der Verkauf dazu werde den jeweils angrenzenden Läden erlaubt.

Manegold rät den Bezirken zur Vorsicht: "Wenn einer ausbricht, fällt alles zusammen." Der Steglitz-Zehlendorfer Wirtschaftsstadtrat Klaus-Peter Laschinsky (SPD) sagt, rechtlich stehe man "auf relativ wackligen Füßen". Das Gesetz erlaubt Ausnahmen, die "im öffentlichen Interesse dringend nötig werden". Laut Manfred Birkhahn von der HBV sind Unglücke und Versorgungsengpässe gemeint, nicht aber "harte wirtschaftliche Interessen". Auch Nils Busch-Petersen vom Einzelhandelsverband warnt: "Ein Ausufern würde die liberale Handhabung gefährden." Stadtrat Laschinsky will den Sonntagsverkauf daher nur "behutsam ausweiten und testen".

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