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Berlin: Lärmschutz-Urteil stärkt Mieterrechte

Hauseigentümerin muss Geld zurückzahlen

Lärm – besonders in der Großstadt ist er überall. Viele finden nicht einmal zu Hause Ruhe, denn sie haben laute Nachbarn. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt erneut die Rechte von Mietern gestärkt – diesmal zum Thema Trittschall. Geklagt hatte eine Frau, die seit 1987 im dritten Stock eines Altbaus wohnte; über ihr kam nur noch das Dachgeschoss, das aber bloß als Abstellkammer genutzt wurde. Bis 2001. Dann ließ die Vermieterin den Dachboden abtragen und eine neue Wohnung auf das Haus setzen. Der Mieterin wurde es zu laut, sie klagte durch die Instanzen und bekam jetzt von höchster Stelle Recht. Die Vermieterin muss einen Teil der Miete zurückzahlen und den Schallschutz normgerecht erneuern – das kann teuer werden. Der Fall spielte zwar in Hamburg, das gestern ergangene Urteil aber gilt auch für Berlin – und hier werden Dachgeschosse massenhaft ausgebaut.

Zwar ist die Sachlage klar, zu Problemen kommt es aber trotzdem immer wieder. Es gibt für den Schallschutz eine DIN-Norm, deren Einhaltung jedoch niemand kontrolliert, wie Architekten und Bauverwaltung bestätigen. 53 Dezibel dürfen durchdringen, in Hamburg waren es 58. Eine „normale Unterhaltung“ hat etwa 50 Dezibel. Zu beachten ist: Jeweils zehn Dezibel mehr bedeuten eine Verdoppelung des Schalls. „Gerade bei neuen Ausbauten wird viel versprochen und wenig gehalten“, sagt der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Hartmann Vetter. „Was falsch gelaufen ist, merkt der Mieter erst, wenn er drin wohnt.“

„Wir reagieren auf Beschwerden, aber von sich aus kommt die Bauaufsicht nicht“, sagt die Sprecherin der Bauverwaltung, Petra Rohland. „Die Abnahme macht der Bauherr selbst. Wenn ihn der Schallschutz interessiert, dann muss er darauf achten.“ Ein Architekt sagt: „Man trifft eine Schätzung, wie dick die Dämmschicht wohl sein muss, drei Zentimeter oder vier, aber ob die Baufirma das auch so ausführt, bekommt man nicht mit.“ Und Pfusch am Bau sei ja nicht gerade ein seltenes Phänomen. Die Folgen gegenüber dem Mieter treffen den Hauseigentümer, der erstmal auf seine Kosten für Abhilfe sorgen muss. Er kann versuchen, den Schaden bei seinem Vertragspartner geltend zu machen – je nach Vertragsinhalt. Dann muss die Baufirma zahlen oder der Architekt.

Der Berliner Mieterverein und der Grundeigentümerverband Haus und Grund zeigten sich über das BGH-Urteil allerdings nicht überrascht. Es liege auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung, sagte Vetter. Diese Linie sei: Für das Alte gilt Bestandsschutz, aber wenn etwas neu gebaut wird, dann sind die Normen von heute einzuhalten. Das heißt: Wer in einem Altbau von 1908 die Dielen abschleift, braucht sich um Schallschutz nicht zu kümmern. Wer aber bei der Sanierung eines Altbaus die Decken herausreißt, der muss die neuen Decken mit dem Schallschutz von heute versehen. Ganz allgemein können Mieter nicht verlangen, dass ihr hellhöriger Altbau dem neuesten Stand der Technik entspricht – das stellten die BGH-Richter ebenfalls klar (Az.: VIII ZR 355/03). „Das wäre auch nicht machbar“, sagt Dieter Blümmel von Haus und Grund. „Grundsätzlich hat der Mieter Anspruch auf Einhaltung der Standards, die galten, als das Gebäude erstellt wurde.“ Und das kann beim Altbau eben 1908 sein.

Fatina Keilani

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