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Patrick Strogies ist Lärmschutzbeauftragter am Flughafen Schönefeld.

© Thilo Rückeis

Lärmschutzbeauftragter: Der Lärm-Kümmerer vom Flughafen Schönefeld

Patrick Strogies ist der Lärmschutzbeauftragte des Flughafens Schönefeld. Fluglärmgegner sagen: „Er kuschelt noch zu sehr mit dem Flughafen.“ Doch Strogies sieht sich auch als Anwalt der Lärmgeplagten.

Die Fotografien im Büro des Fluglärmbeauftragten sind Stillleben der Natur, die es hier auch noch gibt. „Hat meine Sekretärin aufgehängt.“ Keine Flugzeuge, nirgends. Patrick Strogies zeigt auf eine Lichtbahn quer über dem Abendsonnenhimmel. Da hat eine Maschine ihre Flugspur hinterlassen. Patrick Strogies, 35, Sakko über der angefledderten Jeans, ist der Mann zwischen allen Fronten im Dauergefecht um Lärmschutzrichtwerte, Flugrouten und den alltäglichen Krach am Himmel, den er von seinem Büro in Blankenfelde-Mahlow aus bequem am eigenen Leib erfahren kann.

Noch ist alles halb so wild. Ab Juni, wenn der neue Flughafen den Betrieb aufnimmt, rechnet Strogies allerdings mit einem Lärmpegel, der nur noch hinter verschlossenen Türen und Fenstern zu ertragen ist. Strogies wohnt in Jüterbog. Ein Leben in Blankenfelde-Mahlow würde er sich – „ich habe ein empfindliches Gehör“ – und seinen Kindern nicht zumuten wollen. Bevor er seine jetzige Stelle antrat, arbeitete der Diplom-Wirtschaftsingenieur bei den Heeresfliegern der Bundeswehr im Bereich Qualitätssicherung. Er sei einerseits fasziniert von der Luftfahrt, habe aber auch schon als Kind in Jüterbog die brachiale Lärmseite der Fliegerei erlebt, wenn die MiG-Kampfjets der Sowjetarmee ihren Nachbrenner zündeten.

Einen Lärmschutzbeauftragten gibt es für jeden Flughafen, das steht so im Gesetz. Und doch kennt kaum jemand Patrick Strogies und sein Amt. Vor kurzem forderte die Potsdamer Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche (CDU) einen Lärmschutzbeauftragten für den Flughafen BBI und wurde darüber belehrt, dass dieser bereits existiere. Auch für den Flughafen Tegel gibt es einen. Der ist noch unbekannter als Strogies. Woran das liegt, darüber möchte Strogies nicht spekulieren. Es könnte damit zu tun haben, dass seine Wirkungsmöglichkeiten begrenzt sind.

Die Großbaustelle in Bildern:

Im vergangenen Jahr bearbeitete er zusammen mit seinem Stellvertreter Beschwerden zu 10 000 Fluglärmereignissen. Jeder einzelnen Beschwerde ging er mithilfe der Daten aus den Lärmmessungen des Flughafens und der Radarüberwachung des Luftraums nach, doch nur in zwanzig Fällen ergaben sich Hinweise auf ein Fehlverhalten des Piloten, der zu tief oder außerhalb des vorgeschriebenen Korridors flog. Von diesen zwanzig Fällen wurden sieben vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung als Ordnungswidrigkeit weiterverfolgt.

Der meiste Lärm entsteht eben im regulären Betrieb, und in Strosigs Kartei der Beschwerdeführer befinden sich auch einige Dauergäste, die ungeachtet ihrer Vergeblichkeit die immergleichen Mahnschreiben verfassen. Strosig ist Beschwerdemanager, aber er sieht sich auch als Anwalt der Lärmgeplagten. Immerhin habe er einen unabhängigen Status. Er wird vom Land Brandenburg bezahlt, ist aber dem Landkreis Teltow-Fläming unterstellt.

Strosig führt Gespräche mit den Lärmverursachern, also Flughafen, Flugsicherung und Fluggesellschaften, und nimmt an den Beratungen der Fluglärmkommission teil. Die Fluglärmgegner würden sich gerne noch enger mit Strogies „zusammenraufen“, sagt Christine Dorn vom Bündnis Südost, gleichzeitig bezweifeln sie, dass er wirklich als ihr Anwalt auftritt. „Strogies kuschelt noch zu sehr mit dem Flughafen.“ Immerhin leistet er sich eigene Positionen in der laufenden Fluglärmdebatte.

Der Protest in Bildern:

Strosig fordert, dass Flugrouten für die Piloten nicht nur bis zu einer Höhe von 1500 Meter bindend sind. Und dass den Menschen unter der Einflugschneise Lärmpausen eingeräumt werden, etwa, indem nachts nur eine Startbahn in Betrieb ist. Die Müggelseeroute, vom Umweltbundesamt abgelehnt, hält Strosig dagegen für vertretbar. Besser ein paar Wasservögel aufscheuchen als die Menschen in Erkner.

Die Beschwerden werden mit der Eröffnung des Flughafens BBI exponentiell ansteigen, glaubt Strosig. Vielleicht um den Faktor 50, vielleicht auch mehr. In Frankfurt am Main gibt es laut Strosig Beschwerden über eine Million Flugereignisse im Jahr. Trotzdem blieb die Stelle des Lärmschutzbeauftragten am Frankfurter Flughafen ein halbes Jahr lang vakant. Jetzt ist sie wieder besetzt, mit einem Piloten und ehemaligen Luftfahrt-Referenten.

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